Aktienrückkäufe

Der problematische Boom einer kapitalmarktorientierten Geschäftspraxis

Inflation, geopolitische Unsicherheiten und Klimaschutz: Die Herausforderungen für den Unternehmenssektor sind groß. Dennoch kaufen US-Konzerne eigene Aktien in Rekordhöhe zurück, und auch deutsche Unternehmen begeistern sich zunehmend dafür. Es gibt aber gute Gründe, diese Geschäftspraxis zu kritisieren. Ein Beitrag von Carmen Giovanazzi.

Bild: Pixabay

Die wachsende gesellschaftliche Ungleichheit ist eines der bedeutendsten Probleme unserer Zeit. Zugleich steigt das wissenschaftliche Interesse und liefert neue Erkenntnisse mit Blick auf die drängendsten Fragen und Antworten zu verschiedenen Dimensionen der Ungleichheit und ihren zugrundeliegenden Machstrukturen.  

Für die Debattenreihe „Ungleichheit und Macht“ haben Doktorand:innen aus dem Promotionskolleg „Politische Ökonomie der Ungleichheit“ am Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen diese neuen Erkenntnisse aufgeschrieben. In den Beiträgen stellen die Promovierenden, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert werden, Teilergebnisse ihrer Forschung vor und diskutieren verbundene gesellschaftliche Herausforderungen sowie politische Handlungsoptionen. Mit dem Fokus auf Ungleichheitsdimensionen und zugrunde liegenden Machtverhältnissen reicht der thematische Bogen von Armut und Besteuerung bis zu Arbeitsmarkt-, Gleichstellungs- oder Klimapolitik. Durch die thematischen Breite und Vielfalt der eingesetzten Methoden stoßen die Autor:innen eine weiterführende gesellschaftliche Debatte darüber an, wie der steigenden Ungleichheit begegnet werden kann. 

Die Reihe erscheint in regelmäßigen Abständen zwischen April und Juni 2023 im Makronom. Hier finden Sie alle Beiträge, die bisher erschienen sind.

Zwischen Oktober 2021 und September 2022 haben die 500 Konzerne, die im US-amerikanischen Aktienindex S&P gelistet sind, Aktien im Wert von 982 Milliarden US-Dollar zurückgekauft.­­­ Damit haben die größten US-Unternehmen ihren Vorjahresrekord um noch einmal rund 100 Milliarden US-Dollar überboten. Bereits seit 2010 schütten Unternehmen in den Vereinigten Staaten mehr Finanzmittel über Aktienrückkäufe als über Dividenden an ihre Aktionär:innen aus (Kahle und Stulz, 2021).

Der Trend zu Aktienrückkäufen wird von den Tech-Konzernen aus dem Silicon Valley angeführt. Apple steht mit über 88,4 Milliarden US-Dollar Rückkaufwert an der Spitze, gefolgt von Alphabet (59,3 Milliarden), Meta (31,6 Milliarden) sowie Microsoft (28,6 Milliarden). Mit Ausnahme von Apple haben genau diese Konzerne kürzlich einen umfänglichen Stellenabbau angekündigt. So plant Alphabet, 12.000 Kündigungen auszusprechen, bei Meta sind 11.000 Stellen betroffen und bei Microsoft werden voraussichtlich 10.000 Angestellte ihre Beschäftigung verlieren.

In Deutschland sind Aktienrückkäufe weniger verbreitet. Während DAX- und MDAX-Unternehmen im Jahr 2008 noch Aktien im Wert von 16,8 Milliarden Euro zurückkauften, sank das Rückkaufvolumen zwischen 2009 und 2012 auf durchschnittlich 1,3 Milliarden jährlich. Doch seither ist erneut ein steigender Trend zu beobachten und im Jahr 2022 erreichte das Rückkaufvolumen mit schätzungsweise 17,7 Milliarden Euro seinen höchsten Wert. Zwar wurden einige Rückkaufprogramme im Jahr 2020 pandemiebedingt ausgesetzt, jedoch nahmen auch Unternehmen, die kurz zuvor Corona-Hilfen und Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen hatten, ihre Rückkäufe im Folgejahr wieder auf.

Das hat in mehrfacher Hinsicht zu Kritik an den Rückkaufprogrammen geführt. Denn Aktienrückkäufe binden Finanzmittel, die den Unternehmen nicht mehr für andere Tätigkeiten zur Verfügung stehen und beeinflussen außerdem die Aktienkurse.

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