Fremde Federn

Kapitalistischer Frieden, Asset Manager Capitalism, Propaganda für Einsteiger

Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Womit der Wiederaufbau der Ukraine bezahlt werden könnte, wie französische AKWs die Preise an der Strombörse hochtreiben und weshalb die Zukunft der Arbeit nicht für alle rosig ist.

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.

Ukraine-Krieg: Wer soll das bezahlen?

piqer:
Eric Bonse

Während immer mehr Waffen in die Ukraine gepumpt werden und der Krieg immer größere Schäden anrichtet, denkt die EU schon an den Wiederaufbau. Dafür werde eine Art Marshallplan gebraucht, sagte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn in Brüssel. EU-Ratspräsident Charles Michel will einen Solidaritätsfonds schaffen. Zum Auftakt soll Anfang Mai eine internationale Geberkonferenz stattfinden.

Doch wie teuer wird der Wiederaufbau, und wer soll ihn bezahlen?

Darüber kann man derzeit nur spekulieren. Nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj benötigt sein Land rund 7 Milliarden US-Dollar pro Monat, um die wirtschaftlichen Verluste auszugleichen. Zudem werde die Ukraine „hunderte Milliarden Dollar brauchen, um später wieder alles aufzubauen“, sagte Selenskyj bei einer Videokonferenz der Weltbank in Washington.

Die EU allein wird das nicht aufbringen können. Deshalb ist Kreativität gefordert. Eine Idee ist, die russischen Öl- und Gasexporte mit einer Sondersteuer zu belegen, deren Einnahmen dann für die Ukraine beiseite gelegt werden könnten. Die Sache hat allerdings einen Haken: Die EU will so schnell wie möglich aus russischer Energie aussteigen, so dass die Steuer letztlich nicht viel bringen wird.

Diskutiert wird auch, sich bei den russischen Devisenreserven zu bedienen, die durch westliche Sanktionen blockiert sind. Das käme aber einer kalten Enteignung Russlands zugunsten der Ukraine gleich – und würde den Konflikt anheizen. Beide Beispiele zeigen, dass die Idee, Russland für den Schaden zahlen zu lassen, nicht weit trägt. Reparationszahlungen waren schon im 1. Weltkrieg keine gute Idee.

Am Ende wird also der Westen in die Tasche greifen müssen. Neben den Kosten für den Krieg und den Folgekosten der Sanktionen müssen sich die USA, das UK und die EU auf hohe Zahlungen für den Wiederaufbau gefasst machen. Sie werden umso höher sein, je länger der Krieg dauert. Doch statt auf einen schnellen Waffenstillstand zu drängen, stellt sich die EU nun auf einen langen Konflikt ein.

Die Theorie des kapitalistischen Friedens – Wandel durch Handel

piqer:
Thomas Wahl

Oft hört man jetzt, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine widerlege das Konzept vom „Wandel durch Handel“. Und noch drastischer, der Austausch von Waren und Dienstleistungen galt bisher als Weg der Aussöhnung mit Russland. Nun aber sieht man das plötzlich rückwirkend als Unterstützung für Rüstung und Kriegsvorbereitungen. Doch kann man daraus wirklich so einfach schließen, Handel sei dem Frieden nicht förderlich? Der Artikel meint: „Putins Krieg widerlegt diese These nicht.“ Und in der Tat werden in langfristigen, komplexen und nichtlinearen Prozessen mit vielen Variablen Konzepte nicht einfach durch einen Rückschlag widerlegt. Keiner hat behauptet, Wandel durch Annäherung führe immer und garantiert zum Erfolg.

Die Jahrzehnte des Friedens nach dem Zweiten Weltkrieg verdanken die Europäer wohl vor allem dem Gleichgewicht des Schreckens, der gegenseitigen Drohung mit der nuklearen Vernichtung. Gewagt erschiene es auch, den Fall des Eisernen Vorhangs und der Sowjetunion auf den deutschen Osthandel zurückführen zu wollen. Eher im Gegenteil kann man argumentieren, dass die Erdgasgeschäfte der Sowjetunion Devisen verschafften, die den Zusammenbruch des kommunistischen Regimes verzögerten. Das aber ist etwas anderes als die Frage, ob der Handel mit der Sowjetunion und mit Russland dem Frieden in Europa diente. Wer miteinander handelt, schießt nicht aufeinander.

Und trotzdem hat der Ost-West-Handel sicher auch zum Frieden beigetragen. Insgesamt lässt sich die Theorie, dass globaler Handel die Kriegsaktivitäten reduziert, auch empirisch recht gut belegen.

„Bewaffnete Konflikte zwischen zwei Staaten werden weniger wahrscheinlich, wenn die beteiligten Staaten viel miteinander handeln“, resümiert der Bonner Soziologe Erich Weede einen Überblick über die Forschung. Manche der Studien deuten auch darauf hin, dass nicht nur der internationale Handel, sondern auch ausländische Investitionen oder die Offenheit der Finanzmärkte das Risiko eines Kriegs verringern. Weede und andere nennen das allgemein die Theorie des „kapitalistischen Friedens“.

Es gibt – so der Soziologe – mehrere Gründe, warum wirtschaftliche Verflechtungen tendenziell den Frieden sicherer machen. Der unmittelbarste Grund ist: Alle Kriegsparteien verlieren, wenn sie substanzielle Handelsbeziehungen durch Krieg beenden. Von den unmittelbaren Kriegskosten ganz abgesehen. Und je mehr Bürger am Handel partizipieren, um so höher ist wohl der Widerwille gegen Krieg. Dazu kommt ein indirekter Effekt. Je offener Marktwirtschaften funktionieren, um so höher meist der Wohlstand:

Desto mehr erwarten die Menschen von der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Mehr Wohlstand geht oft mit Widerstand gegen autokratische Systeme und einer Entwicklung hin zur Demokratie einher, weil die Menschen ihren Wohlstand vor der Willkür diktatorischer Herrscher schützen wollen. Freiheitliche Marktwirtschaft und Demokratie können so zusammenwirken, um Kriegsgefahren zu verringern. Ein Krieg zwischen zwei Demokratien ist nach aller historischen Erfahrung höchst unwahrscheinlich.

In der aktuellen globalen Situation mischen sich allerdings – so der Artikel – verschiedene politische oder ideologische Faktoren auch jenseits des Konfliktes mit Rußland, die einen Abbruch wirtschaftlicher Beziehungen nahelegen. So wuchsen allgemein die Forderungen, wonach der Westen wirtschaftlich härter gegen autokratische Systeme vorgehen soll.

Gegen Russland und gegen China lautet die Vorgabe nun, wirtschaftliche Abhängigkeit zu korrigieren und Souveränität zurückzuerlangen. Das trifft sich mit dem grünen Zeitgeist, wonach Gas, Öl und Kohle aus dem Ausland dem heimischen Ökostrom weichen sollen.

Man kann natürlich wertegebunden und moralisch so argumentieren. Aber man schwächt damit sicher auch die konfliktdämpfende Wirkung von existierenden Wirtschaftsnetzen. Ein Dilemma tut sich auf.

Dazu macht der im Artikel zitierte Soziologe Erich Weede noch auf eine weitere Begrenzung im Mechanismus des kapitalistischen Friedens aufmerksam:

Die umfassendere oder visionäre Perspektive ist nicht nur nützlich, um sie mit der Frage der Sanktionen zu verbinden, sondern auch, um die inhärenten Grenzen des Kapitalismus als Instrument zur Erreichung des Friedens aufzuzeigen. Aus einer statischen Perspektive mögen Kapitalismus, wirtschaftliche Freiheit oder Handel eine gewisse friedensstiftende Wirkung haben, wie zuvor dargelegt wurde. Aber der Kapitalismus ist eine dynamische Wirtschaftsordnung. Es geht um „kreative Zerstörung“. Der Kapitalismus ist nicht egalitär. Nationen wachsen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Sie steigen auf und gehen unter. Kapitalismus und ungleiches Wirtschaftswachstum bringen die Hackordnung durcheinander und tragen zu Machtverschiebungen bei, die mit dem Risiko eines Krieges, insbesondere eines Großmachtkrieges, verbunden sind.

Was letztendlich dominiert, der Beitrag des Kapitalismus zu destabilisierenden Machtverschiebungen – oder die friedensstiftende Wirkung der wirtschaftlichen Verflechtungen, kann nicht wirklich prognostiziert werden. Klar ist lediglich, (kapitalistischer oder anderer) Handel und Wirtschaftsbeziehungen ersetzen als Teil der Gesellschaft nicht die Politik. Die wiederum darauf achten muss, dass die Wirtschaft ihre Stärke behält. Denn auch eine wirtschaftliche Schwächung führt zu Verlust an Einfluss, Macht und vor allem an „Softpower“.

Der Artikel ist leider hinter der Bezahlschranke. Einen relativ preiswerten Zugang bietet Blendle.

Drei Firmen, denen fast alles gehört

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Jannis Brühl

Ich muss mal wieder einen Text von Cory Doctorow piqen, dem Science-Fiction-Autor und Technologie-Aktivisten (ich habe auch mal ein wie ich finde recht spannendes Interview über Urheberrecht mit ihm geführt). Seine Gedanken sind sehr oft ebenso unorthodox wie bereichernd. Hier schüttelt er, basierend auf einem Paper des Max-Planck-Politikwissenschaftlers Benjamin Braun, einen Text über die jüngste Inkarnation des Kapitalismus aus dem Ärmel, der für Aha-Momente sorgt.

Der derzeitige Kapitalismus ist demnach weird. Das basiert auf der Beobachtung, dass die drei großen Vermögensverwalter Vanguard, State Street und Blackrock über ihre Beteiligungen mittlerweile im Schnitt fast ein Viertel jeder Firma im US-amerikanischen S&P 500 und anderen Indizes kontrollieren. Der ein oder andere, der für seine Altersvorsorge in ETFs investiert, kennt die Unternehmen. Sie bieten eine unfassbare Menge von Fonds an und verwalten Jahr für Jahr mehr Vermögen.

Asset Manager Capitalism nennen Braun und Doctorow das. Aus der Oligopolstellung der drei Unternehmen ergeben sich absurde neue Anreize, die so keiner auf dem Zettel hatte: Die Asset Manager haben kein Interesse daran, ihre Anteile je zu verkaufen. Schließlich bilden sie – unter anderem – die großen Indizes nach, Verkäufe und sinkende Kurse sind schlecht für ihr Geschäft. Zudem haben viele der Konzerne, deren größte Aktionäre die Vermögensverwalter sind, auch noch ihre betriebliche Altersvorsorge denselben Vermögensverwaltern anvertraut. Diese Konzentration von Macht führt Doctorow zufolge zu einer amerikanischen Variante der – ausgerechnet! – Planwirtschaft.

Das klingt esoterisch, aber ist äußerst lesenswert. Schließlich sind die Besitzverhältnisse am Ende entscheidend, und über die schiere Größe und Omnipräsenz der großen Drei sollte man Bescheid wissen, wenn man über Wirtschaft (und Politik) mitreden will.

Wie französische AKWs die Preise an der Strombörse hoch treiben

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Ralph Diermann

Billiger Strom dank Atomkraft? Von wegen, wie ein Blick nach Frankreich zeigt: Dort schossen die Preise an der Strombörse Anfang April immer mal wieder in astronomische Höhen, wie Tobias Stahl in einem kurzen Beitrag für das von Burda betriebene Elektromobilitäts-Portal eFahrer.com beschreibt. Während der Baseload-Preis am deutschen Spotmarkt etwa am 3. April im Tagesschnitt bei 75 Euro pro Megawattstunde lag, waren es in Frankreich 551 Euro.

Als Grund nennt Stahl zum einen, dass derzeit nur etwa die Hälfte der installierten AKW-Leistung in Betrieb ist; der Rest ist wegen Wartung oder Störungen vom Netz. Zum anderen war die Nachfrage in Frankreich sehr hoch, weil es Anfang April ziemlich kalt war – die Franzosen heizen bevorzugt elektrisch.

Nun sind einzelne Preisspitzen nicht wirklich aussagekräftig, auch in Deutschland haben die Preise an der Strombörse vor einigen Wochen mal kurzzeitig die 500-Euro-Marke geknackt – unter anderem, weil die Windräder und Photovoltaikanlagen bei hoher Nachfrage kaum Strom lieferten. Dennoch trifft Stahl hier einen wichtigen Punkt: Auch wenn die Börsenpreise mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien volatiler werden, so werden sie doch über einen längeren Zeitraum betrachtet für Preisstabilität sorgen.

Spiele Ministerin und halte die 1,5-Grad-Grenze ein

piqer:
Leonie Sontheimer

Ich bin ehrlich: Die Klimaberichterstattung der britischen Tageszeitung Financial Times ist mir vor dieser Woche nicht sonderlich aufgefallen. Was ich aber schon immer geliebt habe, sind unterhaltsame Tests im Internet: In welches Hogwarts-Haus gehöre ich?, Wie viele Wörter kann ich aus neun Buchstaben kombinieren?, Wie viel Sklavenarbeit steckt hinter meinem Lebensstil? (Ja, die Tests sind verlinkt; viel Spaß bzw. Erkenntnisgewinn!)

Jetzt hat die Financial Times jedenfalls ein Tool entwickelt, das in mir das alte Test-Vergnügen geweckt hat: das Climate Game. Als globale Ministerin der zukünftigen Generationen soll man die Welt bis 2050 klimaneutral machen. Dazu darf man gleich zu Beginn des Spiels eine*n Berater*in auswählen. Danach muss man sich in drei Zeiträumen durch eine Reihe Entscheidungen wählen, wobei manche teurer sind, als andere und man nur ein begrenztes Budget hat. Zwischendurch kommen unerwartete Ereignisse, manchmal eine Belohnung für vorherige Entscheidungen.

Am Ende berechnet das Tool, auf welchen Pfad der Erderhitzung man die Welt als Ministerin gebracht hätte. (Mit mir als Ministerin steuern wir demzufolge auf 1,61 Grad Celsius für 2100 zu.) Soviel zum Spiel.

Daran ist aber auch ganz viel Realität, denn natürlich hat die Financial Times hier mit Klimawissenschaftler*innen und Politik-Expert*innen zusammengearbeitet und das Ganze mit Daten und Prognosen unterfüttert. Andererseits stehen natürlich auch viele Annahmen hinter dem Tool, die nicht belegt (belegbar) sind. Als ich mich zum Beispiel für einen sehr hohen CO2-Preis entschieden habe und mir dann mein Budget gekürzt wurde, weil meine Wählerschaft angeblich nicht begeistert war, konnte das Tool ja nicht wissen, dass ich das extrem überzeugend und sozial gerecht ausgeglichen eingeführt hätte. 😀

Ohne das Tool jetzt schlechtreden zu wollen – ich finde es großartig – noch zwei Punkte, die eine ins Deutsche übersetzte Version vielleicht besser machen könnte (Redaktionen, wer kauft es?):

  • Um das Ganze zu gamifizieren, muss natürlich irgendein endlicher Faktor konstruiert werden. Dass es am Ende aber eine reine Budget- bzw. Geldfrage sein soll, ob wir die Erderhitzung bei 1,5 Grad Celsius stoppen können, ist dann doch sehr verkürzt. Zumal es schwierig ist, alle Maßnahmen und Geschehnisse auf ein Maß zu bringen.
  • Mir fehlten oftmals (nicht-technische) Lösungen. Suffizienz kam in den zu wählenden Maßnahmen praktisch kaum vor, Effizienz recht viel. Und ÖPNV gab es auch nicht, dafür viel E-Auto.

Freue mich über Antworten auf Twitter, mit welchem*r Berater*in ihr es auf welchen Pfad geschafft habt!

Die Zukunft der Arbeit – nicht für alle so rosig

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Anja C. Wagner

Ein interessantes Medley aktueller Arbeitsbedingungen prekärer Arbeiter:innen in den USA bietet der hier verlinkte Artikel. Er beschreibt eine reale Dystopie – erst recht nach der schwierigen Covid-Phase, in der sich alles neu sortierte. Zum Schlechteren.

Viel Arbeit wurde komprimiert, muss nun schneller von weniger Menschen erledigt werden, während die Preise für den Lebensunterhalt kontinuierlich steigen. Die Bosse erlassen neue Regelungen, wie die Arbeit nunmehr formal zu erledigen sei; wissen aber nichts über die konkreten Arbeitsbedingungen vor Ort. Selbst entscheiden, wie die Arbeit effizienter zu erledigen sei, lassen sie die Arbeiter:innen es nicht. Es fehlt das Vertrauen – auf beiden Seiten.

„Menschen ohne an ihrer Person haftenden Fähigkeiten“, wie Manuel Castells es ausdrückte, werden so zum willfährigen Spielball ihrer Chefs und Unternehmen. Ohne politische Unterstützung fehlt es ihnen an einer Perspektive, wie sie würdevoll leben können, wenn sie selbst krank oder alt sind. Was ihnen bleibt, sind Arbeitsbedingungen mit einem viel zu geringen Mindestlohn und einer abhängigen Beschäftigung in einer Hierarchie, die sich nicht um sie kümmert.

„Wir haben in dieser Nation, Pandemie hin oder her, noch nicht darüber gesprochen, wie wir die Arbeitnehmer:innen als Eigentümer:innen [ihrer Arbeitskraft] und nicht als Widgets stärken können“, sagte Solana Rice, Co-Geschäftsführerin von Liberation in a Generation, die sich für eine Wirtschaftspolitik einsetzt, die die rassischen Ungleichheiten verringert. „Die Arbeitnehmer:innen sind immer noch ein Posten in der Kalkulationstabelle eines Unternehmens.

Aber so müsste es nicht sein, das arbeitet der Artikel heraus. Die Politik könnte etwas tun für diese Menschen – und alle würden profitieren:

Die Reaktion auf die Pandemie war der Beweis dafür, dass die Regierung mehr tun kann. Die US-Regierung hat enorme Anstrengungen unternommen, um die Wirtschaft zu unterstützen, als die Pandemie zuschlug – Anstrengungen, die normalen Menschen halfen, sich über Wasser zu halten und das Land auf einen soliden Weg der Erholung zu bringen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die, wenn sie in irgendeiner Form dauerhaft beibehalten und beispielsweise gesetzlich verankert würden, nach Ansicht von Expert:innen die Zukunft der Arbeit wesentlich verbessern könnten.

Die Zukunft der Arbeit jenseits der Maschinen und Effizienzgewinne: Man muss sie positiv auf sämtlichen Ebenen konnotieren und politisch ermöglichen, wenn wir von freundlichen, beflissenen und verantwortlichen Menschen umgeben sein wollen, die eben ihren Job machen. Von den positiven Aspekten des „New Work“-Paradigmas sollten nicht nur Wissensarbeiter:innen profitieren.

Propaganda für Einsteiger

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Jannis Brühl

Es ist Krieg und im Krieg ist Propaganda überall. Deshalb lohnt es sich, sich die Mechanismen und Dilemmata der Propaganda noch einmal vor Augen zu führen, bevor man sich wieder ins Social-Media-Fegefeuer begibt. Dieser knappe Text von Sibylle Anderl in der legendären Kulturzeitschrift „Kursbuch“ gibt einen guten Überblick über das Phänomen und den Umgang mit ihm. Er geht zurück zu den Anfängen moderner Propaganda, und wie sie seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts teilweise empfohlen, aber auch erforscht wurde. Er streift die Unterscheidung zwischen „guter“ und „schlechter“ Propaganda, die Verbindung zu „Public Relations, Donald Trumps Lügenkunst und aktuellen Studien, die eher ernüchtern:

Es ist schon sehr erstaunlich, dass diejenigen Bevölkerungsgruppen, die aktuell lauthals von sich behaupten, Propaganda besonders kritisch gegenüberzustehen, nicht selten bereitwillig russische Propaganda akzeptieren, deren Urheber offen kommunizieren, dass es ihnen nicht um ausgewogene Information geht, sondern um eine gezielte Manipulation der Menschen… zeigt die aktuelle Situation, dass eine aufgeklärte propagandakritische Haltung wenig hilft, wenn es kein Vertrauen gibt in diejenigen Institutionen, die in einer Demokratie für die Bereitstellung ausgewogener Informationsbeschaffung verantwortlich sind.

Diskutieren wir über Propaganda, kommen zwei unterschiedliche Menschenbilder zum Vorschein: Der aufgeklärte Bürger, der selbst denken kann und soll – und das naive, mit Tricks zu steuernde „Schaf“. Beides sind vermutlich Illusionen.

Ein Text zur aktuellen medialen Lage, der anregt, eigene blinde Flecken, Vorurteile und Denkmuster zu überprüfen.