Fremde Federn

Merkel-Jahre, BGE, Hafermilch

Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was Querdenker-Bewegungen rund um den Globus vereint, wieso die reichen Länder nicht die richtige Lehre aus der Delta-Variante gezogen haben und wie die EU ihre Handelsbeziehungen in Afrika neu ordnet.

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.

Merkel-Jahre: hörenswerte Podcast-Doku über den Weg der Kanzlerin

piqer:
Florian Meyer-Hawranek

16 Jahre Kanzlerin Merkel – darüber lassen sich Bücher schreiben. Stephan Detjen und Tom Schimmeck wagen einen etwas kürzeren, aber nicht weniger aufwendigen Rückblick: als Podcast. In Merkel-Jahre fassen sie den unwahrscheinlichen Weg von Angela Merkel aus Brandenburg zur ersten Regierungschefin der Republik zusammen.

Niemand hätte es 1990, im Jahr der Wiedervereinigung Deutschlands, für möglich gehalten, dass eine evangelische Pfarrerstochter 15 Jahre später zur ersten Regierungschefin gewählt werden würde. Angela Merkel ist die unwahrscheinliche Kanzlerin. Bis heute gibt sie Rätsel auf.

Herausgekommen ist eine schön produzierte, bestens hörbare Podcast-Doku. Nur manchmal ist sie ein klein wenig verwirrend allein durch die unglaubliche Anzahl an Gesprächspartner:innen, die zu Wort kommen. Kleine (nicht vollständige) Auswahl gefällig? Franz Müntefering, Peer Steinbrück, Rita Süssmuth, Joe Kaeser, Jean-Claude Juncker, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Edmund Stoiber, Thomas de Maizière, Biografinnen und Historiker sowie Angela Merkels ehemaliger Mathe-Lehrer. Merkel-Jahre fährt viele exklusive Töne und extra geführte Gespräche auf und baut natürlich auch jede Menge historisches Originalmaterial ein.

16 Jahre Merkel-Alltag: Thomas de Maizère erzählt dann beispielsweise von der Routine des Regierens im Kanzleramt. Wenn Angela Merkel etwa um halb Acht vorbeikommt, ein Regierungsschef eines kleineren Landes mit einem Anliegen vorspricht, vorher noch schnell eine aktuelle Lage geklärt werden muss und anschließend noch weitere Anrufer warten. Mit welcher Konzentration und Zuwendung man sich deren Hilfegesuchen als Kanzlerin widmen muss, obwohl man kurz vorher tief in einem völlig anderem Thema steckte. Und was das mit einem macht – außer schneller zu altern, wie ein ehemaliger Förderer von Angela Merkel schon früh über die Kanzlerin sagt. Oder Peer Steinbück berichtet, wie Merkel sich erstmal durch mehrere Bücher zum Finanzsystem arbeitete, um dann mit ihrem Finanzminister an der Seite die Spareinlagen der Deutschen als sicher zu bezeichnen.

Finanzkrise, Fukushima, ausgesetzte Wehrpflicht, die Euro-Krise, 2015, Trump und der Brexit: Die wichtigsten Themen werden alle angerissen. Samt Analysen und politischer Einbettung – beispielsweise darüber wie Angela Merkel sich mal als Ostdeutsche, mal als gebürtige Hamburgerin in Szene setzt, wie sie mit einem marktliberalen Wahlkampfthema fast scheiterte und wo sie die CDU später inhaltlich verortete. Oder um es in Roger Willemsens Analyse zu halten: Merkel sei wohl intelligenter als jeder Satz, den sie sage. Willemsens Beobachtung: Merkel entziehe Themen die Reibung und erzeuge somit hohe Konsensfähigkeit in viele Milieus hinein.

Im größten Teil sind die sechs Podcast-Episoden ein absolut lohnenswerter Rückblick auf 16 Jahre Kanzlerschaft Angela Merkels. Immer schwingt die Frage mit, wie es überhaupt soweit kommen konnte: erst der Aufstieg und dann die lange Zeit des Regierens. Eine abschließende Antwort haben zwar auch die sechs Podcast-Teile nicht zu bieten, aber sie liefern viele gute Ansätze.

Neuordnung der EU-Handelsbeziehungen mit ostafrikanischen Ländern

piqer:
Jürgen Klute

Die EU-Handelsabkommen TTIP (mit den USA, das von Trump gestoppt wurde) und CETA (mit Kanada) haben in einigen EU-Mitgliedsländern große Aufmerksamkeit und auch massive Proteste erzeugt. Das war allerdings eine absolute Ausnahme. Denn in der Regel werden die EU-Handelsabkommen in der öffentlichen und medialen Debatte bestenfalls am Rande wahrgenommen. So verhält es sich auch mit der Neuorganisation der Handelsbeziehungen zwischen der EU und afrikanischen Ländern. Der Grund für diese Neuorganisation ist einfach, wie Frederik Stender, Ökonom und Experte für Handelspolitik und Fragen regionaler wirtschaftlicher Integration am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, in einem Beitrag für Euractiv erläutert:

„Um formale Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu reformieren, soll ein jahrzehntelanges, unilaterales Handelspräferenzsystem durch regionale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ersetzt werden. Letztere gewährleisten zwar eine Fortsetzung des zollfreien Zugangs für Exporte der AKP-Staaten zum Markt der EU, erfordern jedoch auch eine schrittweise Marktöffnung für EU-Importe.“

Stender konzentriert sich in seinem Beitrag auf die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den Ländern der Ostafrikanischen Gemeinschaft und zeichnet die unterschiedlichen Interessenlagen innerhalb dieser ostafrikanischen Länder nach. Die wesentliche Konfliktlinie verläuft zwischen Kenia einerseits und den anderen Mitgliedsländern der Ostafrikanischen Gemeinschaft andererseits. Diese Spannungen haben dazu geführt, dass Kenia und die EU mittlerweile an einem bilateralen Handelsabkommen arbeiten.

Nur mit einem BGE erhalten wir unsere Demokratie

piqer:
Anja C. Wagner

Wir ahnten es ja schon länger: Das alte Sozialsystem ist nicht mehr reformierbar, so auch Thomas Straubhaar in einem Interview im aktuellen Spiegel Nr. 35. Bevor ich aber darauf zu sprechen komme, zunächst ein Abgleich der jeweiligen Überschriften:

  • Printartikel: „Der Sozialstaat diskriminiert Jüngere und Frauen systematisch“
  • Online (aktuell): 1000 Euro im Monat für alle – kann das gut gehen?

Während im hiesigen Wahlkampf, quer zu den Parteien, ohne jedweden Zweifel vom stetigen Mantra der sicheren Arbeitsplätze nicht abgewichen wird, fordert der Ökonom ein bedingungsloses, transparentes Grundeinkommen für alle. Sein Konzept:

Alle Staatsangehörigen erhalten lebenslang steuerfrei 1000 Euro im Monat. Wer Einkommen bezieht – aus Löhnen, Kapitalerträgen oder Mieteinnahmen – muss sie einheitlich zu 50 Prozent versteuern. Sämtliche Sozialleistungen fallen weg, vom Arbeitslosengeld bis zum Rentenanspruch, für die Gesundheit sorgt jeder individuell vor.

Der Systemwechsel wäre kostenneutral. Statt der eine Billion Euro im Jahr, die der Staat heute für Soziales ausgibt, entspräche dies in etwa auch der Gesamtsumme bei 83 Millionen Deutschen.

Ich bin sicher, viele Leser*innen sammeln jetzt bereits innerlich ihre Gegenargumente, die Straubhaar aber der Reihe nach widerlegt:

  • Ist das gerecht, wenn alle 1000 € erhalten?
    TS: Ja, denn über die Steuereinnahmen fließt das Geld ja wieder zurück ab einem jährlichen Nettoeinkommen von 24.000 €.
  • Spezielle gesundheitliche Bedürfnisse lassen sich damit nicht abdecken.
    TS: Richtig, in gut begründeten Ausnahmen kann man vom Prinzip der Bedingungslosigkeit abrücken und staatlicherseits noch etwas drauf packen.
  • Arbeiten die Menschen dann vielleicht gar nicht mehr?
    TS: Die meisten würden etwas hinzuverdienen wollen oder ihrer Berufung (weiter) nachgehen, aber spaßlose Arbeit, die von Robotern erledigt werden kann, ist dort gut aufgehoben.
  • Wird es eine neue Schicht staatlich subventionierter Müßiggänger*innen geben?
    TS: Wir machen uns zu viele Gedanken darum, Arbeit als Zwangssystem zu betrachten, statt diejenigen zu unterstützen, die etwas Neues wagen möchten. Von letzteren brauchen wir aber viele mehr, da wir in einer digitalisierten Datenwirtschaft eh nicht mehr so viele Angestellten benötigen.
  • Was wird aus den bisherigen Ansprüchen an die Sozialversicherungen?
    TS: Es wird eine Übergangszeit mit zwei Modellen geben. Jede*r kann sich individuell entscheiden, für welches Modell man sich entscheidet.

Und so weiter. (Es gibt noch einige andere Argumente.)

Letztlich bleibt uns nach Ansicht von Thomas Straubhaar gar nichts anderes übrig, als unsere liberale Wirtschaftsordnung über solch ein Modell für die Marktwirtschaft zu verteidigen. Denn gegen dirigistische Staatswirtschaften in Zeiten der Digitalisierung und Roboter sind wir ansonsten unterlegen. Wir brauchen die Ideen und Initiativen der Crowd, die wenigstens rudimentär abgesichert werden müssen. Genau unser Reden …

Take Action!

Es wäre wirklich schön, wenn in diesem Wahlkampf endlich einmal über ernsthafte Inhalte gesprochen und diskutiert würde. Die Klimakrise ist wichtig, aber nur zu bewältigen, wenn wir gleichzeitig die sozialen Verwerfungen der digitalen Disruptionen im Blick haben und transformativ auch sozialstaatlich lösen. Mit immer mehr Wachstum zum Zwecke immer mehr dusseliger Angestellten-Jobs ist es wahrlich nicht getan.

Denkst du ökonomisch?

piqer:
Anja C. Wagner

Nein, dies ist kein kapitalismuskritischer Text. Aber eine Einladung, die eigene Zukunft positiv zu gestalten. Der Artikel startet mit der Frage:

Sie haben Karten für ein Basketballspiel in einer Stadt, die 45 Minuten von Ihrem Zuhause entfernt ist. Aber der Star wird nicht spielen, nichts hängt vom Ergebnis ab und es regnet stark. Angenommen, Sie haben 100 Dollar für die Karten bezahlt. Würden Sie zu dem Spiel gehen oder zu Hause bleiben?

In dieser Art folgen einige weitere Fragen mit der anschließenden Mutmaßung, die meisten Menschen würden sich in den Regen stellen o.ä., eben weil sie bereits gezahlt hätten.

Ein ökonomisch denkender Mensch hingegen würde sich sagen:

„Der Rest meines Lebens beginnt jetzt. Was in der Vergangenheit passiert ist, ist irrelevant.“

Da man das Geld nicht zurückbekommt, bestraft man sich doppelt, wenn man sich in den Regen stellt ohne weitere triftige Gründe. Warum die meisten von uns dennoch so handeln, bezeichnet die Psychologie zum einen als fehlerhaftes Framing. Die Entscheidung, eine Handlung fortzusetzen, wird an bereits entstandene Kosten geknüpft. Fälschlicherweise, denn:

Der Grundsatz „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ gilt jedoch nur für noch nicht verbrauchte Ressourcen. Verschwundene Ressourcen kann man nicht verschwenden.

Zum anderen folgen wir damit dem Bedürfnis, schmerzhafte kognitive Dissonanzen zu vermeiden. Das Ticket war offenbar gar nicht so viel wert, wenn alles an einem einzelnen Star hängt. Also erwischt worden. Blöde. Nun suchen wir nach zusätzlichen Anreizen, die den Verlust aufwiegen, sodass wir uns eben frohgemut in den Regen stellen können. Stattdessen empfiehlt der Autor folgende Strategie, um ökonomisch zu handeln:

Erstens:
Vergangene Kosten von zukünftigen Kosten zu unterscheiden und abzuwägen.

Zweitens:
Aktivitäten, die zur Rechtfertigung versunkener Kosten durchgeführt werden, verursachen in der Regel auch Opportunitätskosten. Statt ein gutes Buch zu lesen, steht man nun also dumm im Regen rum.

Drittens:
Sich bewusstmachen, ob man wirklich einer Tätigkeit nachgehen will – oder ob man es sich nur schön redet. Würde man auch gehen, wenn man noch nicht gezahlt hätte?

Mein Fazit

Eine schöne Übung des Psychologieprofessors, die uns auch mit Blick auf die Klimakrise und das lebenslange Lernen weiterhelfen kann: Nur weil wir bislang etwas immer schon so gemacht haben, gibt es keinen Grund, jetzt, unmittelbar und sofort, einen neuen Weg einzuschlagen, der einer selbst und der Umwelt besser bekommt.

ToDo:
Die alte Prinzipienreiterei einfach mal zur Seite legen. Und überlegen, was wir wirklich, wirklich wollen.

In diesem Sinne:
Amen!

Was Querdenker:innen international vereint

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Theresa Bäuerlein

Dieser Artikel ist aus dem April dieses Jahres, aber er ist und bleibt relevant. Außerdem ist er eine so grundlegende Analyse der Querdenker-Bewegung, und zwar über Deutschland hinaus, dass es sich wirklich lohnt, den langen (!) Text einmal zu lesen.

Denn das Querdenker-Denken ist ein internationales Phänomen. Die Autor:innen dieses Artikels nennen es einen „Aufstand des Mittelstands“. Und zwar aus gutem Grund. Die Bewegung entstammt überproportional der Mittelschicht und umfasst besonders viele Selbstständige, die unter den Corona-Maßnahmen stärker gelitten haben als große Unternehmen.

Die Bewegung ist schwer zu fassen, weil sie extrem heterogen ist – Naomi Klein hat die Mischung aus Rechten, New Ager:innen, Ökos und QAnon-Anhänger:innen treffend einen „Verschwörungssmoothie“ genannt. Interessant ist, dass die Bewegung zumindest in Deutschland nicht von rechts dominiert wird:

Bei den vergangenen Bundestagswahlen hat der größte Prozentsatz der heute aktiv an Querdenker-Protesten Beteiligten für die Grünen gestimmt (23 Prozent), der zweitgrößte für die Linke (18 Prozent), gefolgt von 15 Prozent für die AfD.

Sie sind weder besonders frauenfeindlich, noch gegen Zugewanderte. Die meisten erkennen die wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel und den Holocaust an.

Es gibt drei Grundtypen, die für die deutsche Szene von zentraler Bedeutung sind und die sich in verschiedenen Kontexten der weltweiten techno-politischen Turbulenzen zu festen Größen entwickeln. Sie bilden Modellfiguren, die sich von Land zu Land in unterschiedlicher Verkörperung wiederholen: der Bewegungsstrippenzieher, der rechtsgewendete linke Ideologe und der rechtsextreme Esoteriker.

Der Artikel analysiert außerdem, wie sich die Querdenker-Bewegung finanziert, warum sie keine echten politischen Forderungen hat, welche Entwicklung sie nehmen könnte –  und warum wir vorsichtiger mit Begriffen wie „Verschwörungstheorie“ umgehen sollten:

Für den Kulturtheoretiker Jeremy Gilbert allerdings hat der Begriff „Verschwörungstheorie“ viele Schwächen mit der älteren Kategorie des „Populismus“ gemein: Zu oft dienten beide Begriff dazu, bestimmte politische Auffassungen vorschnell als illegitim aus jeglichem Diskurs auszuschließen, womit man diesen Haltungen gerade den Stempel des Märtyrertums aufdrücke, den sich ihre Anhänger so sehr ersehnten.

Die  Zitate stammen übrigens aus der ZEIT, die diesen Artikel übersetzt und übernommen hat. Wer lieber die deutsche Version lesen will, sie befindet sich hier (mit Paywall).

Oatly – die Geschichte hinter dem Hafermilchunternehmen

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Rico Grimm

Die Schweizer Republik hat in den Archiven gewühlt und die Geschichte hinter dem Hafermilchunternehmen Oatly aufgeschrieben. Dieser Firma mehr Aufmerksamkeit als anderen Firmen zu widmen, kann lohnenswert sein. Da Oatly mit seiner Marketing-Kampagne (deren Methoden im Text beschrieben werden), mit seiner aggressiven, politisch aufgeladenen Haltung und seinem brachialen Wachstum auf gewisse Weise die großen Mega-Trends der Wirtschaftswelt in sich vereint.

Der Text, den ich euch empfehle, ist der erste, der auf Deutsch erscheint und wirklich einen Blick hinter die Kulissen dieses Unternehmens liefert. Die Story ist gut und kurzweilig.

(Im Spiegel ist auch eine Geschichte erschienen, die ist aber hinter einer Paywall.)

Die reichen Länder haben nicht die richtige Lehre aus Delta gezogen

piqer:
Theresa Bäuerlein

Sind Drittimpfungen der richtige Weg, um Corona weiter zu bekämpfen? Nein, meint die Autorin dieses Artikels. Denn die Mehrheit der Weltbevölkerung hat noch nicht einmal eine Dosis des COVID-19-Impfstoffs erhalten.

Bislang haben reiche Länder das weltweite Impfstoffangebot dominiert – und diese Dosen verständlicherweise überwiegend ihrer heimischen Bevölkerung verabreicht. Ein Drittel der Weltbevölkerung hat mindestens eine Dosis des COVID-19-Impfstoffs erhalten, aber weniger als 1 Prozent der Menschen in ärmeren Ländern  sind vollständig geimpft.

Die Weltgesundheitsorganisation forderte deshalb dazu zu, Drittimpfungen bis auf  Ende September zu verschieben, damit der Rest der Welt aufholen kann. Ein WHO-Beamter verglich die Drittimpfungen mit dem Verteilen von Schwimmwesten an Menschen, die bereits eine haben, während man andere ertrinken lässt.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Regierungen ihre Bürger schützen wollen. Aber wenn Delta die Welt etwas gelehrt hat, dann, dass der Schutz der eigenen Bevölkerung auf Kosten des Rests der Welt ein Spiel der Verlierer ist – eines, das zu mehr Übertragungen, mehr Varianten und mehr Flickenlösungen führt. Booster allein werden nicht ausreichen, um diejenigen, die sie erhalten, vor neuen und gefährlichen Varianten zu schützen, die anderswo auftauchen könnten.

Die Impfstoffproduktion ist mittlerweile so stark angestiegen, dass das begrenzte Angebot allmählich nicht mehr das größte Problem ist. Das sagen Forscher:innen des Duke Global Health Innovation Center, das die weltweite Beschaffung von Impfstoffen verfolgt.

Nach unseren Schätzungen produziert die Welt derzeit fast eine Milliarde Dosen pro Monat, und wir glauben, dass diese Zahl weiter steigen wird“, erklärte Andrea Taylor, stellvertretende Direktorin des Zentrums für Programme. „Es gibt immer noch ein Versorgungsproblem, aber es wird kleiner.

Umso mehr rückt die Verteilungsfrage ins Zentrum. Wenn das Ziel die Beendigung der Pandemie ist, so Taylor…

…müssen wir der Beendigung der weltweiten Übertragung Priorität einräumen. Wenn wir das nicht tun, indem wir die Erst- und Zweitdosen in der ganzen Welt verteilen, werden wir in den Ländern mit hohem Einkommen immer mehr Auffrischungsimpfungen brauchen … Das löst das Problem nicht, sondern verlagert es nur weiter in die Zukunft.

Roboter-Hand gibt mit Machine Learning taktile Rückmeldungen

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Ole Wintermann

Die US-Northeastern University hat ein spannendes Video veröffentlicht, dass zeigt, wie eine Roboter-Hand via Remote Steuerung verschiedene Tätigkeiten (Aufheben sensibler Gegenstände, blindes Führen der Roboter-Hand, Bedienung von unterschiedlichen Höhen aus) ausübt. Das besondere an dieser Hand ist, dass ein Machine Learning Mechanismus dem Menschen, der die Roboter-Hand bedient, in Echtzeit eine taktile Rückmeldung geben kann. Auf diese Weise können die Anwendungsszenarien stark ausgeweitet werden (Stichwort: OP-Roboter via Remote Steuerung taktilsensitiv bedienen zu können), da die Texturen der Gegenstände, die bewegt werden, erkannt werden können.

Hinzu kommt, dass in diesem Fall die maschinelle Steuerung des Arms nicht durch Motoren erfolgt, die im Arm und der Hand platziert sind; vielmehr sind die Motoren außerhalb des Roboters verortet worden. Auf diese Weise kann die Sensitivität des Roboter-Arms wegen des geringeren Gewichts weiter gesteigert werden. Etwas schräg mutet aus europäischer Sicht allerdings an, dass gleich zu Beginn des Textes auf die mögliche Anwendung auch auf Schlachtfeldern bzw. in den dortigen Krankenstationen hingewiesen wird.