Fremde Federn

Überwachungskapitalismus, Freigeld für alle, Google-Diplom

Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Eine Geschichte des Grabens zwischen Ost und West, welche Punkte einer Einigung in den Brexit-Verhandlungen im Weg stehen und warum Blockchain die großartige Lösung für so gut wie gar nichts ist.

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.

Labor der Marktwirtschaft

piqer:
Hauke Friederichs

Der real existierende Sozialismus war am Ende – ebenso die meisten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und veralteten Volkseigenen Betriebe. Am 1. Juli 1990 wurden die ostdeutschen Betriebe schlagartig dem Weltmarkt ausgesetzt. Unmittelbar nach der Währungsumstellung drohte etwa 7.600 DDR-Unternehmen die akute Zahlungsunfähigkeit.

Da die Umsätze auf dem ostdeutschen Markt dramatisch einbrachen und die Erlöse der Firmen nicht mehr kostendeckend waren, entwickelte sich ein Rentabilitätsproblem, das die Entwicklung in den neuen Bundesländern geprägt hat. Die Treuhandanstalt wurde von DDR-Bürgerrechtlern zur Verwaltung des Volkseigentums gegründet. Sie wurde ab dem 1. März 1990 Eigentümerin der staatlichen Betriebe und damit auch verantwortlich für vier Millionen Beschäftigte.

„Die Privatisierung der ostdeutschen Wirtschaft nach 1990 hat die Eigentums- und Produktionsverhältnisse auf dem Gebiet der ehemaligen DDR radikal verändert“, stellt das Institut für Zeitgeschichte fest, das nun die Geschichte der Treuhandanstalt 1989/90 bis 1994 erforscht. „Die dabei erfolgte Veräußerung von öffentlichem beziehungsweise staatlichem Eigentum ist beispiellos in der Geschichte moderner Industriegesellschaften.“

Mehr als 25 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es kaum wissenschaftliche Darstellungen des Aufbaus Ost, die auch die Treuhandanstalt thematisieren. Keine davon stützt sich auf Primärquellen. Das Forschungsprojekt soll erstmals auf Quellengrundlage die Struktur und Arbeitsweise der Treuhandanstalt untersuchen.

Die Geschichte der Treuhand ist auch eine Geschichte des Grabens zwischen Ost und West. Die Gesellschaft, die eine Retterin der ostdeutschen Wirtschaft werden sollte, entwickelte sich schließlich zu einer der am meisten gehassten staatlichen Institution in der ehemaligen DDR.

Nord Stream 2 — sind die Sanktionsdrohungen der USA berechtigt?

piqer:
Lars Hauch

Wer den Überblick über Nord Stream 2 verloren hat, wird hier fündig.

Die Pipeline sollte eigentlich bereits im vergangenen Jahr an den Start gehen, liegt derzeit aber auf Eis. Nachdem die USA nämlich gedroht haben, all jene zu sanktionieren, die das Projekt unterstützen, bekommen einige involvierte Unternehmen kalte Füße. Im Hafen Mukran auf Rügen fürchtet man beispielsweise, dass internationale Firmen zukünftig Kooperationen beim Bau von Windparks meiden würden, wenn sie deshalb US-Sanktionen zu fürchten hätten. Nicht unrealistisch, denn in einem Brief an die Hafenbetreiber warnen drei US-Senatoren überaus deutlich: „Wenn sie weiterhin Güter, Dienstleistungen und Unterstützung für Nord Stream 2 leisten, zerstören sie die finanzielle Zukunft ihres Unternehmens“, heißt es da.

Politiker in Deutschland reagieren allergisch auf die Drohungen der USA. Und auch von der EU kommt Unterstützung: Man müsse sich gemeinsam wehren, sonst würden die USA in Zukunft weitere Mitgliedsländer ins Ziel nehmen. Außerdem hofft man auf eine Kehrtwende, sollte Joe Biden der nächste US-Präsident werden. Biden dürfte allerdings den Kurs beibehalten, erfährt der Spiegel.

In Osteuropa hingegen ist der Widerstand gegen Nord Stream 2 vehement. Nicht nur, weil Russland dadurch zukünftig Milliarden in die Kasse gespült werden. Sondern auch, weil Russland fortan all jenen Ländern den Energiehahn zudrehen kann, auf die es Druck ausüben will, ohne dabei die Versorgung Westeuropas bzw. Deutschlands zu gefährden.

Brexit: Der Rosenkrieg eskaliert weiter

piqer:
Jürgen Klute

Ein harter Brexit scheint nicht mehr zu verhindern zu sein. Das ergibt sich aus einem Artikel von Benjamin Fox in Euractiv.

Nochmals zur Erinnerung: Die Übergangsfrist endet am 31. Dezember 2020. Bevor die ausgehandelten Verträge Rechtskraft erlangen, müssen sie von den zuständigen demokratischen Gremien auf beiden Seiten genehmigt werden. Deshalb bleibt deutlich weniger Verhandlungszeit als die vier Monate bis zum Jahresende. Gleichwohl liegt ein zustimmungsfähiges Abkommen nach wie vor in weiter Ferne.

Benjamin Fox beschreibt in seinem Artikel den aktuellen Verhandlungsstand. Er konzentriert sich in seiner Analyse auf die Aspekte, die einer Einigung hartnäckig im Wege stehen. Dazu gehören keineswegs nur strittige Einzelfragen. Kontroversen gibt es ebenso zur methodischen Vorgehensweise. Und grundlegende Prinzipien, wie beispielsweise die Wettbewerbsgleichheit („level playing field“), sind nicht weniger umstritten. Der Konflikt betrifft damit gleich mehrere Ebenen: Sowohl Ziele als auch Methoden und jede Menge konkrete Punkte.

Der Brexit ist längst ein nerviger Dauerbrenner. Bei vielen Leser*innen löst er Unverständnis aus. Dennoch: Wer kurz vor Ende der Übergangsfrist wissen will, wie der aktuelle Stand der Verhandlungen ist, der findet in diesem Artikel was er sucht.

Blockchain – die großartige Lösung für so gut wie gar nichts?

piqer:
Rico Grimm

Ein Doppel-piq dieses Mal, denn von allen Blockchain-Kritiken, die ich bisher gelesen habe, ist das hier eine der wirklich besseren – der trotzdem einige entscheidende Dinge fehlen.

Der Autor macht sich darin auf, echte Anwendungsfälle für diese Technologie zu finden, die vor drei Jahren als das nächste große Ding gefeiert wurde, die die Wirtschaft revolutionieren wird. Er findet: erstaunlich wenige. Und erklärt nebenbei, wie eine Blockchain funktioniert und was es mit dem Energieverbrauch auf sich hat. Wer schon immer dachte, dass diese Technologie sinnloser Quatsch sei, kann sich nach der Lektüre des Artikels bestätigt fühlen.

Aber der Text bräuchte eine Ergänzung. Denn das eine, das gigantische Problem, das Blockchains potentiell lösen könnten, lässt der Autor außen vor: verteiltes Vertrauen schaffen. Um das zu finden, musste ich woanders schauen. Tief in den Kommentarspalten von Reddit, wo ein Nutzer die bis dato beste und knappeste Beschreibung für Blockchain-Nutzen geschrieben hat, die ich bisher gefunden habe. Ich zitiere sie leicht gekürzt, das wichtigste habe ich gefettet:

It turns out that political borders can continue to impede global commerce even in the presence of a cheap global communication medium when the problem of trust cannot be solved in that communication medium. In other words, Amazon customers and eBay customers, and so on, still need banks, lawyers, sheriffs and courts to help them enforce the terms of their agreements, and the Internet does little, if anything, to resolve the trust problems that give rise to this need.In theory, a global government could solve the trust problems in commerce.

But global government has massive political problems of its own — namely, *who* will run this global government? The United States? Do Hollanders *really* want/need the political machinery of Washington DC imposing regulations on their local political and economic affairs? How do they benefit from this in any way? Some people say, „The UN solves this problem!“ but how?? Leaving aside the fact that the UN is little more than a puppet facade for US foreign policy, a nation the size of the US already stretches the meaning of „democracy“ well past any reasonable definition at the national scale.

How much more meaningless is democracy on a global scale. Why should I have any say in what happens in Zimbabwe or Honduras? My opinion cannot add any value to their local political and economic affairs, so it doesn’t make sense to try to force it to.Everything I wrote in the last paragraph is the unspoken reality understood by a large percentage of the global population that intuitively understands the absurdity of global government.

Specifically, while the trend over the last two centuries of history has been towards increasing centralization of political power and decision-making at larger and larger scales, that doesn’t mean that the terminus of this trend is inevitable or in any way efficient or desirable. So Bitcoin and the cryptocurrency trend, generally, is a reflection of this dissenting opinion. It is a reflection of other factors, as well. But, in my view, this is the single most important political consideration in respect to *why* Bitcoin exists and continues to grow rapidly. The author of the article completely sidesteps this discussion and chooses to talk about a string of red herrings — like electricity use — instead.

Falls ihr bisher also nicht wusstet, warum so viele Menschen so viel Energie in eine vermeintlich sinnlose Technologie stecken, dann findet ihr die Antwort auf Reddit in diesem Kommentar. Und die Mehrheitsmeinung wiederum spiegelt der Artikel ganz gut wider.

Freigeld für alle?

piqer:
Sven Prange

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ist es nicht unbedingt gewohnt, im Mittelpunkt des Masseninteresses zu stehen. Dass es das in den vergangenen Tagen dennoch tat, liegt an einem sehr populären Thema, das die Ökonomen aus Berlin sich auf die Agenda gesetzt haben: das bedingungslose Grundeinkommen. Das DIW gab bekannt, dass es für mehr als ein Jahr Probanden für ein außergewöhnliches Projekte suche. Diese sollen 1200 Euro monatlich bekommen. Das DIW will dafür im Alltag begleiten, was diese bedingungslose Zahlung mit den Empfänger:innen macht.

Seitdem das bedingungslose Grundeinkommen Anfang vergangenen Jahrzehnts in die öffentliche Wahrnehmung sickerte, fasziniert und polarisiert es. Die einen sehen in ihm die Erlösung vom Arbeitszwang der kapitalistischen Gesellschaft, die anderen den Auftakt zu Verwahrlosung und Verlotterung. Die Phalanx der Befürworter:innen reicht von linken Anarchist:innen bis zu den Chefs von Deutscher Post und Google. Die der Gegner:innen vom Deutschen Gewerkschaftsbund bis zu libertären Ökonom:innen. Es ist ein Thema, das alle zu interessieren scheint und doch die gewohnte Debattenordnung durcheinander bringt.

Das alles bringt dieser Film auf den Punkt, fächert Positionen auf, erklärt das Prinzip und schaut auf real existierende Versuche. Linear ausgestrahlt wurde die Doku am 6. August, abrufbar ist sie bis zum 22. April nächsten Jahres.

Können, sollen oder müssen Unternehmen einen Sinn jenseits des Profits haben?

piqer:
Thomas Wahl

Ja, sagt Unternehmensberater Wolfgang Jenewein – und nicht nur er. Jedenfalls erscheint „Purpose“ ein neues Schlagwort, ein neuer Trend im Beratungsgeschäft zu sein. Nur ein Schlagwort, oder ist es nicht doch wichtig über Daseinsberechtigung, Nützlichkeit, die Motivationslage eines Unternehmens nachzudenken? Dazu Jenewein:

Ich sehe wenige Unternehmen, denen es tatsächlich darum geht, die Welt zu heilen oder zu ernähren. Wir sollten erst einmal damit anfangen, dass Menschen wieder mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen, und sagen: Hey, das Loch ist sinnvoll, meine Arbeit gibt den Menschen etwas – statt nur die zehn Cent Umsatz zu sehen, die sie generiert haben. Zu sagen: Ich gebe etwas …..  und helfe dabei ein Problem zu lösen, genau – da müssen wir wieder hinkommen. Natürlich kann das auch ethische, ökologische oder soziale Ziele beinhalten, aber das steht für mich bei Purpose nicht im Vordergrund.

Er will über die „Visionen“, die in den 90er Jahren häufig propagiert wurden, hinaus. Also nicht der große Traum, den Markt zu dominieren oder die Umsatzrendite zu verdoppeln. Purpose ist also eher das Wozu hinter diesen Visionen.

Ich sehe eine Organisation wie eine Pyramide: oben ein Purpose, dann Vision, Strategie, Organisation und Kultur. Als Vorstand sollten Sie eine Überzeugung haben, was der Purpose Ihres Unternehmens ist, und alles Schritt für Schritt entwickeln. Allerdings habe ich häufig erlebt, dass die Kultur unten ausgetrocknet ist, zynisch. Und Zynismus ist das Gegengift für jeden Purpose. Da ist vieles schiefgegangen, da ist die Organisation über Jahre sauer gelaufen, die Leute haben zugemacht.

Viele von uns kennen wahrscheinlich solch sauer gelaufenen Strukturen und auch die Mitarbeiter, die unter zynischen Sprüchen zugemacht haben. Das ist mit einem einzelnen Gruppentraining nicht wieder hinzukriegen. Es ist ein langer, schwieriger Prozess, oft „auch ein Heilungsprozess“. Verletzungen, Missverständnisse, falsche Selbstbilder und Vorurteile sind zu überwinden. Was bei den „Chefs“ anfängt:

Es braucht Chefs, die Nähe zulassen. Früher gab es den Mythos: Sei nie zu nahe an deinen Leuten, sonst kannst du keine unangenehmen Entscheidungen fällen. Das ist falsch, meiner Erfahrung nach. Es gibt Studien, die zeigen: Verletzlichkeit schafft Gefolgschaft. Wer auch Ängste einräumt, dem folgen die Menschen. ….

Und es muss um mehr gehen als um belanglose Purpose-Statements wie wir sie von vielen Unternehmen kennen. Als positives Beispiel nennt Jenewein Novo Nordisk, ein Pharmakonzern aus Dänemark:

Die sagen, „We are driving change to defeat diabetes.“ Nicht: Wir wollen die Symptome bekämpfen. Sondern: Wir wollen die Krankheit auslöschen. Spricht man mit Leuten dort, ist zu spüren, dass die das ernst meinen. Das finde ich stark, denn das bedeutet langfristig, sich selbst die Geschäftsgrundlage zu entziehen.

Heißt das, der Unternehmensgewinn wird nicht mehr gebraucht? Sicher nicht, dass wäre ökonomischer Selbstmord. Aber Shareholder Value Ist kein Selbstzweck und motiviert die Mitarbeiter kaum. Die möchten (neben dem guten Gehalt) ihre Potenziale entfalten und auch „etwas hinterlassen, das größer ist als sie selbst“. Andererseits, die Umorientierung muss schließlich finanziert werden:

Natürlich, wer es ernst meint, spricht über einen tiefen Eingriff in die Organisation. Da heißt es auch mal auf Umsatz zu verzichten, Lieferketten zu verändern oder Produkte zu streichen, wenn sie nicht mehr zum Purpose des Unternehmens passen. Du musst den Weg ganz zu Ende gehen und darfst nicht, sobald es schwierig wird, einfach aufhören.

Auch hierzu ein Beispiel: VW und sein Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu werden und dafür voll auf E-Mobilität umzusteigen. Das wird allen im Unternehmen weh tun. Man kann also sagen:

Der Urzweck von Unternehmen ist, der Gesellschaft etwas zu geben, das ethisch und sozial korrekt ist und einen nachhaltigen Nutzen bietet. Erfüllt ein Unternehmen diesen Anspruch, hat es in meinen Augen einen Purpose. Dann wird sich auch – da bin ich mir ziemlich sicher – der Profit einstellen. Vielleicht nicht kurzfristig. Aber langfristig.

Allerdings nur, wenn es dies besser macht als seine Wettbewerber. Kapitalismus war, ist und wird bei Strafe des Untergangs daher immer auch die Suche nach Sinn sein.

Eine kluge Kritik der These vom „Überwachungskapitalismus“

piqer:
Jannis Brühl

Die ehemalige Harvard-Professorin Shoshana Zuboff hat mit ihrer Bestseller-These vom „Überwachungskapitalismus“ die Vorstellung noch weiter verbreitet, Google und Facebook würden uns nicht nur durchleuchten, sondern auch unser Inneres und damit unser Verhalten erfolgreich manipulieren. Corey Doctorow, Internet-Aktivist der ersten Stunde und Science-Fiction-Autor, widerspricht Zuboff respektvoll in seinem online gratis zu lesenden Buch How to destroy surveillance capitalism. Er glaubt nicht an die These von den großen Manipulatoren, die er spöttisch so beschreibt:

Facebook uses an algorithm to analyze the data it nonconsensually extracts from your daily life and uses it to customize your feed in ways that get you to buy stuff. It is a mind-control ray out of a 1950s comic book, wielded by mad scientists whose supercomputers guarantee them perpetual and total world domination.

Die Konzerne verkaufen ihren Kunden – nicht den „Nutzern“, sondern den Werbetreibenden – Targeted Advertising. Doctorow schreibt: Die großen Erfolge der zielgenauen Werbung existieren nur im Verkaufspitch der Konzerne, seien tatsächlich aber praktisch wirkungslos:

But surveillance capitalism’s margins on behavioral modification suck. Tripling the rate at which someone buys a widget sounds great unless the base rate is way less than 1% with an improved rate of… still less than 1%.

Das Problem bestehe, schreibt Doctorow weiter, nicht in den magischen Gehirnwäsche-Fähigkeiten der Konzerne, sondern in ihrer Monopolmacht. Erst die ermögliche ihnen, Einfluss auf die Politik zu nehmen, um sich Regulierung vom Hals zu halten. Doctorows Fokus auf diese Struktur erdet die Debatte, die sich dank Schauermärchen wie dem vom Einfluss Cambridge Analyticas und anderen etwas von der Realität entkoppelt hat.

Ein kluger Beitrag zur Debatte um die Tech-Konzerne und ihre Macht. Und Doctorows Stil bedeutet immer auch: verständlich und unterhaltsam zu lesen.

Wird sich Aus- und Fortbildung nach Google-Vorbild durchsetzen können?

piqer:
Ole Wintermann

Google wird als eine Konsequenz aus der Corona-Krise zukünftig Kurse zur Erreichung eines sogenannten Karriere-Zertifikates anbieten:

„We need new, accessible job-training solutions–from enhanced vocational programs to online education–to help America recover and rebuild.“

Hierbei kann man im ersten Schritt zwischen den Kompetenzen für die Position eines Projektleiters, eines UX-Designers und eines Datenanalysten wählen. Die Kurse werden 6 Monate dauern und 300 Dollar kosten. Hiermit soll Menschen, die sich keinen Universitätsabschluss leisten können, die Möglichkeit geboten werden, durch eine praxisnahe Zusatzausbildung in stark nachgefragten Kompetenzbereichen ein sicheres Einkommen zu erzielen.

Haupttätigkeitsfeld dieser Zusatzausbildungen werden wohl die USA bleiben, da dort das Ausmaß der notwendigen Verschuldung zur Erreichung eines Universitätsabschlusses besonders groß ist. Wird nicht ausreichend ausgebildet, so drohen den US-Konzernen die Fachkräfte auszugehen.

Der Senior Vice President für Global Affairs bei Google, Kent Walker, bringt es auf den Punkt:

„In our own hiring, we will now treat these new career certificates as the equivalent of a four-year degree for related roles.“

Das ist nahezu eine Kampfansage an andere berufliche Ausbildungssysteme. Welche Auswirkungen wird diese Entwicklung wohl langfristig auf die beruflichen staatlich geprüften Ausbildungswege in Europa haben?