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Die Geldpolitik der EZB wirkt (wieder)

Es ist vielleicht das stärkste Zeichen für das Ende der Krise, dass die Übertragung der EZB-Geldpolitik auf die Realwirtschaft in den Peripherie-Ländern wieder funktioniert. Die Wende zum Besseren leitete die EZB mit den Negativzinsen und TLTROs ein.

2013 hatte ich in einem Beitrag gezeigt, dass der Transmissionsmechanismus der EZB, also die Übertragung der Geldpolitik auf die Wirtschaft, in den von der Krise getroffenen Euro-Peripherie-Ländern zusammengebrochen war: Die Zinssenkungen der Zentralbank führten nicht mehr dazu, dass die Zinsen für neue Kredite an den Unternehmenssektor ebenfalls sanken.

Und vielleicht ist es das stärkste Zeichen für das Ende der Krise, dass dieser Mechanismus inzwischen in den Peripherie-Ländern wiederhergestellt wurde. Tatsächlich ist die Verbindung zwischen den EZB-Leitzinsen und den Zinsen, die die Banken von den Unternehmen für Neukredite verlangen, in der Peripherie sogar höher als in den Euro-Kernstaaten, wie die folgende Grafik zeigt:

Anmerkung: Für diese Berechnungen wurde die Overnight-Interbankenrate als Ersatz für den EZB-Hauptrefinanzierungssatz verwendet, da sie sowohl den Hauptrefinanzierungssatz als auch die Effekte der QE-Programme und EZB-Kredite an Banken abdeckt.

Der Wendepunkt war die Ankündigung der EZB im Juni 2014, einen negativen Einlagesatz einzuführen und billige langfristige Kredite an die Banken zu vergeben – bekannt als „gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte“ oder kurz TLTROs (targeted longer-term refinancing operations).

Die Peripherie-Banken haben sich bei der EZB Mittel geliehen und waren durch die TLTROs in der Lage, ihre Finanzierungskosten zu senken – die durch das Absenken des EZB-Leitzinses billiger wurden. Banken in Italien und Spanien sind für 60% der von der EZB vergebenen TLTRO-Volumina verantwortlich.

Dagegen neigen die Banken in den Kernländern eher dazu, ihre Gelder bei der EZB zu parken, anstatt sich von ihr Geld zu leihen. Daher wurden sie auch disproportional stärker vom negativen Einlagesatz getroffen. Im Juni 2017 hatten die deutschen Banken 551 Milliarden Euro bei der Zentralbank geparkt, das sind nur 4% weniger als im Rekordmonat Mai. Allein in der ersten Jahreshälfte 2017 zahlten sie der EZB 900 Millionen Euro an Zinsgebühren – das ist nur geringfügig weniger als im Gesamtjahr 2016, als sie insgesamt eine Milliarde Euro an Zinsen zahlten.

Auch von dem Programm zum Aufkauf von Vermögenswerten (asset purchase program, APP), das Ende 2014 begonnen hat und ab 2015 auch Staatsanleihen umfasste, profitierten die Banken der Peripherie überdurchschnittlich stark, da sie Kapitalgewinne durch ihre Wertpapier-Bestände erzielten konnten. Die Banken in den Kernländern taten dies (im Durchschnitt) nicht.

Wegen der niedrigeren Finanzierungskosten durch die TLTROs und der höheren Profite aus dem APP haben die Peripherie-Banken ihre Kreditzinsen für Unternehmenskunden deutlich stärker gesenkt als die Banken in den Kernländern, wie der kleinere Chart in der oben gezeigten Abbildung verdeutlicht.

Der Gesundheitszustand der Banken in der Eurozone ist auch weiterhin schlecht. Aber die Tatsache, dass die EZB mit ihrer Geldpolitik wieder die Kreditzinsen beeinflusst, ist ein essentieller Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung.

 

Zum Autor:

Benn Steil ist Senior Fellow und Direktor für internationale Volkswirtschaftslehre beim Council on Foreign Relations (CFR) in New York.

Hinweis:

Dieser Beitrag ist zuerst in englischer Sprache im Geo-Graphics Blog des CFR erschienen. Die Übersetzung erfolgte mit Genehmigung des CFR durch die Makronom-Redaktion.