Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Europäische Investitionspläne, ein kleines Lob für den Bankensektor und Wolfgang Schäuble macht´s noch einmal – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat laut Informationen des ARD-Hauptstadtstudios einen sogenannten „Leitungsvorbehalt“ gegen die von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Vorwoche angekündigten Steuersenkungen eingelegt. Dabei handelt es sich um ein Mittel, mit dem ein betroffener Minister Nachbesserungen an Gesetzesvorschlägen durchsetzen bzw. diese aufhalten kann. Schäuble wollte seine Pläne ursprünglich bereits in den nächsten Wochen im Kabinett beschließen lassen.

Der Streit um die Steuerpläne ist auch ein Vorgeschmack auf den bevorstehenden Wahlkampf – in dem Schäuble wieder kräftig mitmischen wird: Der Finanzminister, der an diesem Sonntag 74 Jahre alt wird, will sich auch bei der kommenden Bundestagswahl im Herbst 2017 für das Direktmandat in seinem baden-württembergischen Wahlkreis Offenburg bewerben, wie der CDU-Kreisverband Ortenau mittteilte. Schäuble sitzt seit 1972 im Bundestag und ist damit der dienstälteste Abgeordnete in der Geschichte der Bundesrepublik – und auch einer der beliebtesten. Derzeit verfügt von allen Spitzenpolitikern nur Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) über bessere Popularitätswerte:

Fehlende Prozentwerte zu 100%: Weiß nicht / keine Angabe. Quelle: ARD-DeutschlandTREND

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland ist erneut deutlich gesunken. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden im ersten Halbjahr 2016 10.999 Unternehmensinsolvenzen gemeldet, das sind 4,8% weniger als im Vorjahreszeitraum. Damit zeichnet sich für das Gesamtjahr der siebte Rückgang in Folge ab, womit die Zahl der Firmenpleiten auf den tiefsten Stand seit Beginn dieser Statistik im Jahr 1999 zurückgehen dürfte.

Die Inflationsrate in Deutschland liegt weiterhin auf niedrigem Niveau. Im August stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,4%.

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Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung lebten in Deutschland im Jahr 2015 mehr als 1,9 Millionen Kinder in Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Im Vergleich zum Jahr 2011 stieg die Quote im Bundesdurchschnitt von 14,3 auf 14,7% an. In der Studie wird außerdem festgestellt, dass arme Kinder im Vergleich zu Kindern aus Familien mit einem geregelten Einkommen häufiger sozial isoliert und gesundheitlich beeinträchtigt seien.

 

Eurozone und Europa

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will sein vor knapp zwei Jahren begonnenes Investitionsprogramm deutlich aufstocken. Der sogenannte „Juncker-Plan“ soll bis zum Jahr 2020 ein Volumen von 630 Milliarden Euro zu erreichen – bisher waren nur 315 Milliarden geplant. Dies sagte Juncker bei seiner Rede zur Lage der Europäischen Union, in der er außerdem unter anderem ankündigte, „für jedes Dorf und jede Stadt in Europa“ bis 2020 einen kostenlosen WLAN-Zugang zu ermöglichen. Die von vielen südlichen EU-Staaten vorgebrachte Forderung nach einem mit öffentlichen Geldern finanzierten Wachstumsprogramm dürfte auch auf dem heutigen informellen EU-Gipfel in Bratislava eine Rolle spielen.

Der Europäische Gerichtshof hat über die Zulassung einer Klage der EU-Bürgerinitiative „Stop TTIP“ gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU mit den USA beraten. Die Gegner des Abkommens hatten dagegen geklagt, dass die EU-Kommission ihrer Bürgerinitiative im Jahr 2014 die offizielle Registrierung verweigert hatte. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Am Samstag finden in mehreren deutschen Städten Großkundgebungen gegen TTIP und das zwischen der EU und Kanada verhandelte Freihandelsabkommen CETA statt, mehrere hunderttausende Teilnehmer werden erwartet.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat eine weitere Tranche seines Hilfspakets für die Ukraine freigegeben. Die Überweisung in Höhe von einer Milliarde US-Dollar war wegen der Unzufriedenheit über mangelnde Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung und die Durchführung von Sparmaßen ein Jahr lang zurückgehalten worden. Das Hilfspaket hat insgesamt ein Volumen von 17,5 Milliarden US-Dollar, wovon jetzt 7,6 Milliarden ausgezahlt worden sind.

Die Bank of England hat auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik verzichtet. Allerdings besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Zentralbank noch bis zum Jahresende eine weitere Zinssenkung vornimmt. Laut dem Sitzungsprotokoll ist die Mehrheit des geldpolitischen Ausschusses dazu bereit, falls sich die konjunkturelle Lage in Folge des Brexit-Votums weiter verschlechtert. Derzeit liegt der Leitzins bei 0,25%.

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USA

2015 sind die Medianeinkommen der US-Haushalte erstmals seit der Finanzkrise wieder deutlich gestiegen, wie aus dem Jahresbericht des U.S. Census Bureau hervorgeht. Demnach ist das Einkommen eines typischen Haushalts im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahr um 5,2% auf 56.516 US-Dollar gestiegen (ca. 50.000 Euro). Aus dem Bericht wird auch ersichtlich, wie unterschiedlich die Einkommen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen verteilt sind.
us_einkommen_jahresbericht

Indien

Indiens Präsident Pranab Mukherjee hat den von der Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi eingebrachten Gesetzesentwurf zur Einführung einer landesweiten Mehrwertsteuer abgesegnet. Bisher erheben die einzelnen Regionen eigene Steuersätze, was als handels- und wachstumshemmend gilt. Der Entwurf wird jetzt in einem eigens dafür eingesetzten Komitee weiter beraten, das unter anderem die Höhe des Steuersatzes verhandeln soll. Erwartet wird ein Steuersatz von ca. 16 bis 20%. Die indische Regierung plant, das Gesetz bereits zum Start des neuen Haushaltsjahres am 1. April 2017 zu verabschieden, was aber als sehr ehrgeiziges Ziel gilt.

 

Weltwirtschaft

Die weltweiten Investitionen in den Energiesektor sind im letzten Jahr deutlich rückläufig gewesen, wie ein Bericht der Internationalen Energieagentur IEA zeigt. Demzufolge wurden 2015 nur noch 1,8 Billionen US-Dollar (ca. 1,6 Millionen Euro) investiert, das sind 8% weniger als im Vorjahr. Rückläufig waren vor allem die Investitionen im Öl- und Gassektor, während sie im Bereich der Erneuerbaren Energien und bei der Kernenergie anstiegen. Die EIA revidierte zudem ihre Prognose für die Entwicklung der Ölpreise. Sie geht jetzt davon aus, dass diese erst Mitte 2017 und nicht wie zuvor erwartet schon Ende dieses Jahres wieder steigen werden.

 

Finanzmärkte

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bescheinigt dem Bankensektor gute Fortschritte bei der Umsetzung des neuen Regelwerks „Basel III“. Die ab Anfang 2019 geltenden Regeln sehen unter anderem höhere Kernkapitalquoten und Verschuldungsgrenzen vor, um die Banken krisenfester zu machen. Laut der BIZ würden die meisten der gut 200 untersuchten Geldhäuser diese Kriterien bereits jetzt erfüllen. Die auch als „Bank der Zentralbanken“ bekannte Institution bemängelte allerdings die Berechnungsmethoden, die diesen Quoten zugrunde läge. So hätten die Banken weiterhin die Möglichkeit, eigene Modelle zur Ermittlung der risikogewichteten Quoten anzuwenden, was zu erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Instituten führe. Derzeit arbeitet die BIZ an einer Vereinheitlichung der Standards, was aber im Bankensektor auf Widerstand stößt.