Am Dienstag hat die britische Investmentbank Barclays angekündigt, sich aus Afrika zurückzuziehen. Die Bank wird ihren 62%igen Anteil an der Barclays Africa Group über die nächsten zwei bis drei Jahre schrittweise abstoßen – das wirft natürlich generelle Fragen zur Zukunft des Bankings in Afrika auf, wo Barclays seit 1925 präsent war.
Aber die Entscheidung ist eher ein Zeichen für die Finanzschwäche der Bank als für einen düsteren Ausblick für Afrikas Bankwesen. Barclays hat die Entscheidung parallel zu seinen Jahresergebnissen verkündet, die einen Gewinneinbruch von 2% und eine Dividendenkürzung von mehr als 50% pro Aktie beinhalteten. Die Bank muss außerdem Mittel auftreiben, um die nötige Kapitalunterlegung zu gewährleisten. Dagegen sind die zugrundeliegenden Fundamentaldaten des afrikanischen Bankings intakt.
Ein anderes Bankenmodel
Wie viele andere Schwellen- und Entwicklungsländer leiden auch viele Volkswirtschaften auf dem afrikanischen Kontinent unter dem Fall der Öl- und anderer Rohstoffpreise seit Mitte 2014 und der Wachstumsabschwächung in China, das der führende Abnehmer afrikanischer Exporte ist. Besondere Bedenken hat bei Barclays die Schwäche der afrikanischen Währungen ausgelöst. Insbesondere der Verfall des südafrikanischen Rand hat den Wert des Afrika-Geschäfts, das an der Börse in Johannesburg gelistet ist, für britische Anteilseigner reduziert.
Nichtsdestotrotz sollte eine durch zyklische Faktoren verursachte Reduzierung des Wirtschaftswachstums wenig Auswirkungen auf die langfristigen Perspektiven des Bankings in Afrika haben, dessen Charakter sich ziemlich stark vom traditionellen Image des in lokalen Filialen abgewickelten Geschäfts unterscheidet.
Ein typischer afrikanischer Nutzer von Bankdienstleistungen assoziiert das Wort „Banking“ genauso stark mit seinem Handy wie mit einer Bankfiliale oder einem Geldautomaten. In Afrika leben 60% der Menschen in abgelegenen ländlichen Gebieten. Die Herausforderung, sie zu erreichen und die Bedürfnisse von Haushalten mit niedrigem Einkommen zu bedienen, hat innovative Lösungen hervorgebracht, die jetzt überall in der Welt kopiert werden.
Kenias mobiles Geldsystem, bekannt unter dem Namen M-Pesa, ist vielleicht das innovativste und bekannteste. Es wurde vom Mobilfunkanbieter Vodafone entwickelt und von dessen kenianischer Tochter Safaricom im Jahr 2007 auf den Markt gebracht. Seitdem ist es extrem schnell gewachsen und wird in Kenia mittlerweile von mehr als 14 Millionen Menschen genutzt – das sind 70% der erwachsenen kenianischen Bevölkerung.
Um M-Pesa zu benutzen, müssen sich Nutzer zuerst bei einer autorisierten Verkaufsstelle registrieren lassen, wo ihnen ein elektronisches Konto zugewiesen wird, das mit ihrer Mobilfunknummer und ihrer SIM-Karte verbunden ist. Während Prepaid-Karten normalerweise für Anrufe oder Textnachrichten genutzt werden, können mit einem M-Pesa-Konto auch Überweisungen getätigt und Rechnungen bezahlt werden. Die Zahl der M-Pesa-Verkaufsstellen übersteigt in Kenia bei weitem die Zahl aller Poststellen, Bankfilialen und Geldautomaten zusammen.
Der M-Pesa-Dienst ist auch im Nachbarstaat Tansania weitverbreitet. Ableger gibt es auch in der Elfenbeinküste, Zimbabwe, Botswana, Ruanda, Südafrika und der Demokratischen Republik Kongo, wo die Regierung sogar die Gehälter von Angestellten mit der Mobile-Banking-Technologie überweist. M-Pesa ist auch schon in anderen Entwicklungsländern auf anderen Kontinenten gestartet, beispielsweise gibt es in Afghanistan den Ableger M-Paisa.
2010 war Barclays dem Beispiel anderer Banken gefolgt und ist eine Partnerschaft mit Safaricom eingegangen, um seinen Kunden die Möglichkeit zu geben, via M-Pesa Gelder abzuheben oder einzuzahlen. Das half dabei, den Zugang zu Finanzdienstleistungen zu verbreitern und die Konvergenz von konventionellem und Mobile-Banking zu steigern. Allerdings war Barclays mit diesem Schritt spät dran, was darauf hindeutet, dass die Bank Schwierigkeiten mit anderen Wettbewerbern in Afrika hatte – vielleicht ein weiterer Grund für den jetzt verkündeten Rückzug.
Auch das „Agency Banking“ boomt
Ein weiteres und neueres Beispiel für das innovative Bankwesen in Afrika ist das sogenannte „Agency Banking“. Es bezieht eine dritte Partei mit ein, beispielsweise einen örtlichen Supermarkt oder eine Poststelle, die im Auftrag einer Bank Finanzdienstleistungen anbietet. Die Bank stattet ihren „Agenten“ in der Regel mit dem nötigen Equipment und der Technologie aus.
Das Agency Banking verzeichnet ebenfalls rasante Wachstumsraten. So hatten in Kenia elf Geschäftsbanken nur zwei Jahre nach dem Start 2011 bereits 18.000 aktive Agenten unter Vertrag, die rund 48,4 Millionen Transaktionen im Wert von drei Milliarden US-Dollar abwickelten. Das Wachstum des Agency Banking ermöglicht es den Finanzinstitutionen, Menschen zu bedienen, die vorher keinen Zugang zu Bankgeschäften hatten und steigerte so die Zahl der Einlagen im Bankensystem.
Diese Art des kreativen Denkens und die innovative Nutzung von Technologien ist ein Markenzeichen des afrikanischen Bankwesens in diesem Jahrhundert. Die Banken konnten so eine viel größere Masse von Kunden erschließen als jemals zuvor, was für die Profite der Banken viel Gutes verheißt. Diese Trends haben sowohl die finanzielle Eingliederung als auch das Wachstumspotenzial des zweitgrößten und am zweitstärksten bevölkerten Kontinents der Welt erhöht, auf dem eine Milliarde Menschen auf 56 Länder verteilt leben. Wer auch immer Barclays` Afrikageschäft übernimmt, wird die zu erwartenden Früchte dieses Wachstums ernten.
Zu den Autoren:
Kevin Campbell ist Senior Lecturer für Finanzwissenschaften. Fredrick Kibon Changwony ist Early Career Fellow für Buchhaltung und Finanzwissenschaften. Beide arbeiten an der University of Sterling.
Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation auf englisch veröffentlicht und von der Makronom-Redaktion unter Zustimmung von The Conversation ins Deutsche übersetzt.