Warum die Dollar-Aufwertung schon bald zu Ende sein könnte
Am Mittwoch wird die US-Notenbank aller Voraussicht nach zum ersten Mal seit fast zehn Jahren ihre Zinsen erhöhen. Die allermeisten Analysten rechnen in der Folge mit einer weiteren Aufwertung des US-Dollars. Die Erfahrungen der Vergangenheit sprechen aber dagegen.
Wenn es an den Finanzmärkten eine Gewissheit gibt, dann die, dass es keine Gewissheit gibt. Darin besteht ja überhaupt der Sinn der Märkte: Finanzmärkte sind eine Wette auf die Zukunft und wenn die fest steht, kommt keine Wette zustande, weil niemand dagegen wetten will. Aber manchmal gibt es diese Momente, wo eigentlich alle mit einer Entwicklung rechnen und niemand vom Gegenteil ausgeht. Momentan ist das die Erwartung an einen steigenden US-Dollar. Hier exemplarisch die Prognosen für die Entwicklung des Dollar gegenüber dem Euro von elf großen Banken:
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die US-Notenbank Fed schickt sich an, am Mittwoch erstmals seit 2006 wieder einen Zinserhöhungszyklus zu starten. Fraglich ist nur noch, wann und nicht ob das geschieht. Auf der anderen Seite stehen mit der Europäischen Zentralbank der Bank of Japan zwei ebenso wichtige Notenbanken, deren Kurs in die gegenteilige Richtung zeigt.
Es besteht die Furcht, dass eine weitere Aufwertung des Dollar eine schwere Krise in den Schwellenländern auslösen könnte.
Die erwartete Entwicklung ist also folgende: Durch die Zinserhöhung werden Investitionen in den Dollar-Raum lukrativer, was zu einem steigenden US-Dollar führen sollte. Die Furcht vieler Analysten ist, dass sich die bereits bestehenden Turbulenzen in einigen Schwellenländern durch die Dollarstärke noch weiter ausweiten werden, weil Investoren ihr Geld von dort abziehen. Zudem haben viele Unternehmen und Staaten ihre Kredite in Dollar abgeschlossen – die dann im Wert ansteigen und in einigen Fällen nicht mehr zu bedienen wären.
Der Internationalen Währungsfonds (IWF), die OECD und die Weltbank haben deshalb bereits mehrfach vor einer vorschnellen Zinserhöhung durch die Fed gewarnt. Wie groß dieses Problem tatsächlich ist, lässt sich übrigens nicht so leicht ermitteln, weil viele Finanzströme in die Schwellenländer nur sehr schwer nachzuvollziehen sind. (Wer mehr dazu erfahren möchte, dem sei dieser Aufsatz von Carmen Reinhardt empfohlen.)
Aber ist eine weiter stark an Wert gewinnender US-Dollar überhaupt ausgemachte Sache? Keinesfalls, meint jedenfalls Anatole Kaletsky, Chefökonom beim privaten Forschungsinstitut Gavekal. Sein Argument: Bei den letzten beiden vergleichbaren Zinserhöhungen durch die Fed stieg der US-Dollar nur im Vorfeld der Erhöhung – und fiel, nachdem die Erhöhung tatsächlich vollzogen worden war.
Das wird beim Blick auf die folgende Grafik deutlich. Die dunkle Linie zeigt den handelsgewichteten Kurs des US-Dollar. Die blaue Linie zeigt den US-Leitzins.
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Die erste Zinserhöhungsphase beginnt im Februar 1994. Im Vorfeld der Zinserhöhung gewann der Dollar zunächst an Wert (gut 5% seit 1992). Nachdem die Erhöhung vollzogen war, brauchte er rund drei Jahre, um den Wert vor der Erhöhung wieder zu erreichen. Erst wesentlich später ging es dann rasant bergauf.
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Der zweite Zinserhöhungszyklus ab dem Juni 2004 ließ den Dollar ebenfalls nur kurzzeitig steigen – auf lange Sicht verlor er aber sogar deutlich an Wert.
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Die nun anstehende dritte Phase wurde bereits seit 2014 von der Fed angekündigt. Seitdem hat der Dollar handelsgewichtet mehr als 10% dazugewonnen.
Bei den vergangenen Zinserhöhungszyklen haben die Devisenmärkte offenbar die alte Börsenweisheit „Buy on the rumors, sell on the facts“ beherzigt. Wenn sich die Geschichte also wiederholt, hieße das: Der US-Dollar hat seinen kräftigsten Aufwertungsschub schon hinter sich – und die Schwellenländer die schlimmste Schockwelle bereits überstanden.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.