Green Growth & beyond

Die vorsorgeorientierte Postwachstumsposition

Im Diskurs über Wachstum, Klimapolitik und Nachhaltigkeit stehen sich die Positionen „Green Growth“ und „Degrowth“ diametral gegenüber. Doch dieser unproduktive Antagonismus kann überwunden werden. Ein Beitrag von Nils aus dem Moore und David Hofmann.

Bild: Iva via Unsplash

Im Angesicht der Klimakrise und der Fridays-for-Future-Proteste hat das Netzwerk Plurale Ökonomik unter #Economists4Future dazu aufgerufen, Impulse für neues ökonomisches Denken zu setzen und bislang wenig beachtete Aspekte der Klimaschutzdebatte in den Fokus zu rücken.

In dieser Debattenreihe erscheint wöchentlich ein ausgewählter Beitrag, der sich kritisch-konstruktiv mit aktuellen Leerstellen und Herausforderungen in der Klimaökonomik auseinandersetzt. Dabei geht es beispielsweise um den Umgang mit Unsicherheiten und Komplexität sowie um Existenzgrundlagen und soziale Konflikte. Alle im Rahmen der Serie erschienenen Beiträge finden Sie hier.

Seit Beginn der Industriellen Revolution besteht eine äußerst enge Kopplung zwischen ökonomischer Entwicklung und einem stetig steigenden Ressourcenbedarf mit im globalen Maßstab zunehmend substanziellen und teils irreversiblen Umweltschäden (vgl. Hallegatte et al. 2011). Das Ergebnis dieser Prozesse lässt sich prägnant mit dem Begriff „Anthropozän“ beschreiben – als Bezeichnung für ein geologisches Zeitalter, in dem der Mensch als bestimmender Faktor auf die Erdsysteme einwirkt und ihre kritischen Belastungsgrenzen zunehmend überschreitet (Rockström et al. 2009).

Die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre ist dabei nur ein besonders prominenter anthropogener Eingriff in die Ökosysteme (Bindoff et al 2013). Auch andere grundlegende Erdsystemprozesse hat die Menschheit bereits in einen kritischen Zustand versetzt. So überschreiten die globalen Mengen von Phosphor und Stickstoff, die in Böden und Gewässer gelangen, ebenso kritische Grenzen, wie die Geschwindigkeit, mit der natürliche Arten aussterben (Rockström et al 2009, Steffen et al. 2015). Für einen überproportional hohen Anteil dieser Belastungen natürlicher Systeme sind die früh industrialisierten, wohlhabenden Länder verantwortlich (siehe bspw. Caney 2009 in Bezug auf Treibhausgasemissionen).

Keinem einzigen Land ist es bisher gelungen, ein Mindestmaß an individuellem wie gesellschaftlichem Wohlstand zu verwirklichen und gleichzeitig die planetaren Belastungsgrenzen einzuhalten

Geschwindigkeit und Umfang der globalen Ressourcennutzung haben dabei in der jüngeren Vergangenheit dramatisch zugenommen: So hat sich allein zwischen 1970 und 2008 der Verbrauch natürlicher Ressourcen verdoppelt (UNEP 2011), um den gleichen Faktor stieg zwischen 1980 und 2010 der Primärmaterialeinsatz (von ca. 36 Mrd. auf 78 Mrd. Tonnen, BMUB 2016). Nach jüngsten Schätzungen des International Resource Panel könnte der globale Bedarf an Primärmaterial bis zum Jahr 2050 auf 170 – 184 Mrd. Tonnen pro Jahr steigen (IRP 2017). Im Bereich der Klimapolitik droht das Ausbleiben einer mit den Zielen des Abkommens von Paris kompatiblen Politik im globalen Maßstab dazu zu führen, dass die Erde absehbar und irreversibel den lebensfeindlichen Zustand eines „Hothouse Earth“ erreicht (Steffen et al. 2018).

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