Economists for Future

Fünf Thesen zu einer moralischen Ökonomie des Geldes

Nach dem vorherrschenden Verständnis ist Geld vor allem eine sehr individualistische Sache. Doch wenn wir es als öffentliche Infrastruktur verstehen, bekommen wir auch ein anderes Bild von uns Menschen und unserem Zusammenleben. Ein Beitrag von Jakob Feinig.

Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Im Zentrum: die Wirtschaft. Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob uns der Wandel by disaster passiert oder uns by design gelingt.

Die Debattenreihe Economists for Future widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Sie beleuchten einerseits kritisch-konstruktiv Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen der aktuellen Wirtschaftspolitik. Andererseits diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Wirtschaft und setzen Impulse für eine plurale Ökonomik, in der sich angemessen mit sozial-ökologischen Notwendigkeiten auseinandergesetzt wird.

Die erste Ausgabe der Debattenreihe erschien zwischen September und Dezember 2019. Der zweite Teil der Serie startete im September 2020, der dritte im Juni 2021. In der neuesten Ausgabe werden in den kommenden Monaten Aspekte rund um Macht & Märkte thematisiert. Hier finden Sie alle Beiträge, die bisher im Rahmen der Serie erschienen sind.

Wenn ich mich mit Leuten außerhalb eines kleinen Kreises von Interessierten über mein Forschungsthema unterhalte, lese ich oft folgendes von ihren Gesichtern ab: Dieser Typ wirkt eigentlich progressiv, warum nur interessiert er sich beruflich für Geld? Viele Leute denken, eine berufliche Beschäftigung mit Geld ist ausschließlich für die, die in hektischen Büros an der Wall Street, der City of London oder in Frankfurt am Main arbeiten. Die meisten Leute erwarten, dass ein kritischer Soziologe sich für Gerechtigkeit interessiert, für Kultur und Beziehungen, Unterdrückung und Befreiung. Geld, so scheint es, spielt da keine grosse Rolle. Wenn, dann als Spielverderber: Geld ist die Wurzel des Bösen, und berufliches Interesse daran riecht nach Privilegien und falschen Prioritäten.

Dieses für mich alltägliche Dilemma ist nicht deshalb erwähnenswert, weil es ein großes Problem ist. Es ist jedoch aufschlussreich: Die Tatsache, dass viele Leute es merkwürdig finden, dass ich mich mit Geld beschäftige, hat mit einem verbreiteten individualistischen Geldverständnis zu tun.

Kostenpflichtiger Inhalt

Bitte melden Sie sich an, um weiterzulesen

Noch kein Abo?