Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Italien ist mit den Nachwirkungen des Verfassungsreferendums beschäftigt, Griechenland erhält kleinere Schuldenerleichterungen und die Türkei stemmt sich gegen die Talfahrt der Landeswährung – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Italien

Die italienischen Wähler haben sich in einem Referendum mit knapp 60%iger Mehrheit gegen die von Ministerpräsident Matteo Renzi angestrebte Verfassungsreform ausgesprochen. Nach der Verabschiedung des Haushaltsplans für 2017 ist Renzi wie angekündigt zurückgetreten. Renzi bleibt aber zunächst kommissarisch im Amt. Noch ist unklar, ob und wann es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt und ob es bis dahin eine Übergangsregierung gibt. Als wahrscheinlichste Option gilt, dass der bisherige Finanzminister Pier Carlo Padoan die Regierungsgeschäfte übernehmen wird.

An den Finanzmärkten wurde das Ergebnis zunächst ohne größere Turbulenzen aufgenommen. Im Fokus steht jetzt vor allem die schwer angeschlagene Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Die MPS versucht derzeit, sich von privaten Investoren dringend benötigtes Kapital zu besorgen. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass die Restrukturierung bis Ende des Jahres abgeschlossen sein sollte. Die Bank hatte die EZB-Bankenaufsicht um eine Fristverlängerung gebeten, der Antrag wurde jedoch am Freitag abgelehnt. Sollte es der MPS nicht gelingen, sich an den Märkten genug frisches Kapital zu besorgen, wird wohl der italienische Staat einspringen müssen, was aber aufgrund der europäischen Bail-in-Regeln problematisch ist, weil dann auch Kleinanleger an den Verlusten der Bank beteiligt werden müssten (mehr zum Italien-Referendum finden Sie hier).

Deutschland

Bund und Länder haben sich „im Grundsatz“ auf ein Gesetzespaket zur Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen verständigt. Die Einigung baut auf dem bereits im Oktober gefundenen Kompromiss auf, über den es in der Folge aber erneut Streit gegeben hatte. Die jetzige Übereinkunft soll unter anderem vorsehen, auf die Privatisierung der Autobahnen zu verzichten. Zudem will der Bund den Ländern mit Finanzhilfen unter die Arme greifen und erhält im Gegenzug mehr Machtbefugnisse. Das Gesetzespaket soll in der kommenden Woche das Kabinett passieren. Endgültig beschlossen werden sollen die Grundgesetzänderungen sowie die Einzelgesetze dann im Frühjahr nächsten Jahres.

Den Energiekonzernen RWE, Vattenfall und Eon stehen wegen des im Jahr 2011 beschlossenen beschleunigten Atomausstiegs eine Entschädigung zu. Dies urteilte das Bundesverfassungsgericht. Allerdings dürfte die Entschädigungssumme deutlich unter den 19 Milliarden Euro liegen, die sich die Konzerne Schätzungen zufolge erhofft hatten. Die Bundesregierung hat nun bis Ende Juni 2018 Zeit, um eine entsprechende Regelung auf den Weg zu bringen, die die konkrete Höhe festlegt.

Angela Merkel ist erneut zur CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Auf dem Bundesparteitag in Essen stimmten 89,5% der Delegierten für die Kanzlerin. Dem Wirtschaftsflügel gelang es, einen Antrag durchzubringen, der Steuererhöhungen und insbesondere die Einführung einer Vermögenssteuer auch für die Zeit nach 2017 eindeutig ausschließt.

Eurozone und Europa

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angekündigt, ab dem April kommenden Jahres neun Monate lang im Rahmen ihres QE-Programms Wertpapiere in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Monat aufzukaufen. Außerdem gibt sich die EZB jetzt die Möglichkeit, auch Anleihen mit einer Mindestrestlaufzeit von mehr als einem Jahr zu kaufen (bisher: mindestens zwei Jahre Restlaufzeit). Zudem können jetzt auch Anleihen erworben werden, deren Renditen unter dem Einlagesatz der EZB liegen (-0,4%). Gemäß dem bisherigen Programm kauft die EZB bis März 2017 Papiere im Wert von 80 Milliarden Euro pro Monat auf (einen Kommentar zu der EZB-Entscheidung finden Sie hier).

Die Finanzminister der Eurozone haben Maßnahmen zur Verringerung des griechischen Schuldendienstes akzeptiert. So sollen die Laufzeiten der EFSF-Kredite verlängert und Absicherungen gegen das Risiko steigender Zinsen vorgenommen werden. Außerdem wird darauf verzichtet, den für 2017 vereinbarten Zinsaufschlag von 200 Basispunkten für Kredite vorzunehmen, die zum Schuldenrückkauf verwendet werden sollen. Berechnungen des Euro-Rettungsschirms ESM zufolge sollen die Maßnahmen die griechische Staatsschuldenquote bis zum Jahr 2060 um 20 Prozentpunkte verringern. Im Gegenzug forderte die Eurogruppe allerdings auch, dass Griechenland über das Jahr 2018 hinaus einen Primärüberschuss von 3,5% der Wirtschaftsleistung erreichen soll.

Es ist weiterhin unklar, ob sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am derzeit laufenden dritten Rettungsprogramm finanziell beteiligen wird. Dafür hat der IWF die Wiederherstellung der griechischen Schuldentragfähigkeit zur Bedingung gemacht. Die in dieser Woche beschlossenen Schuldendiensterleichterungen hält der IWF aber für nicht ausreichend. Eine Entscheidung will der Währungsfonds frühestens im Januar treffen. Zudem gibt es Spekulationen, dass die EZB ab dem kommenden Jahr griechische Staatsanleihen im Rahmen des QE-Programms erwerben könnte.

Am britischen Supreme Court hat die Berufungsverhandlung zur Frage begonnen, ob Großbritanniens Regierung sich zunächst die Zustimmung des Parlaments einholen muss, bevor sie offiziell die Austrittsverhandlungen mit der EU einleiten darf. Ein Urteil wird im Januar erwartet. Währenddessen sagte Michel Barnier, der Brexit-Chefunterhändler der EU, dass es für die Austrittsverhandlungen nur ein Zeitfenster von 15 bis 18 Monaten gäbe. Der EU-Vertrag sieht eigentlich eine Zeitspanne von 24 Monaten vor. Laut Barnier benötige man die restliche Zeit aber, um den Austrittsvertrag zu ratifizieren.

Bernard Cazeneuve ist neuer französischer Premierminister. Der bisherige Innenminister tritt die Nachfolge von Manuel Valls an. Dieser hatte sein Amt niedergelegt, weil er sich um die Kandidatur der sozialistischen Partei für die Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr bewerben will.

Die EU-Finanzminister unterstützen einen Vorschlag der EU-Kommission, das Volumen und die Laufzeit des Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) auszuweiten. Der auch als „Juncker-Fonds“ bekannte EFSI soll von derzeit 315 auf 500 Milliarden Euro aufgestockt und bis zum Jahr 2020 verlängert werden. Das EU-Parlament und der Europäische Rat müssen der Ausweitung noch zustimmen. Keine Einigung erzielten die Finanzminister hinsichtlich der Verabschiedung von Maßnahmen, mit denen Großkonzernen die Steuervermeidung erschwert werden sollte.

Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat die Detailergebnisse für die Entwicklung der Wirtschaftsleistung in der EU veröffentlicht. Demnach legte das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone wie schon in der ersten Meldung geschätzt im 3. Quartal um 0,3% gegenüber dem Vorquartal zu, in der gesamten EU betrug das Plus 0,4%.

Quelle: Eurostat

Alexander van der Bellen ist zum neuen österreichischen Präsidenten gewählt worden. Der von den Grünen nominierte Kandidat setzte sich mit 53,8% der Stimmen gegen Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ durch.

 

Türkei

Die türkische Regierung hat umfangreiche Maßnahmen beschlossen, mit denen die Talfahrt der Lira gestoppt und die Folgen der jüngsten wirtschaftlichen Probleme für die Bevölkerung eingedämmt werden sollen. Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte ein Beschäftigungsprogramm für Arbeitslose an.  Zudem will der Staat der Realwirtschaft Kredite in Höhe von umgerechnet knapp 70 Milliarden Euro anbieten, um Investitionen zu fördern. Der Bausektor soll Steuererleichterungen erhalten, die Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung sollen verspätet bezahlt werden dürfen. Staatspräsident Erdogan forderte mehrfach die Bevölkerung auf, ihre ausländischen Devisenreserven in Lira umzutauschen. Tatsächlich konnte der Wertverfall der Lira in den letzten Tagen gestoppt werden, was in erster Linie auf die Devisentäusche verschiedener staatlicher Institutionen zurückzuführen sein dürfte.

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Wechselkurs USD/TRY. Quelle: tradingeconomics.com

 

Australien

Die australische Wirtschaftsleistung ist im 3. Quartal um 0,5% gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Sollte es auch im 4. Quartal einen Rückgang geben, würde Australien erstmals seit 25 Jahren wieder in der Rezession stecken (mehr dazu hier).

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Indien

Die indische Zentralbank hat darauf verzichtet, ihre Zinsen weiter zu senken. Der Leitzins bleibt bei 6,25%. Viele Beobachter hatten eine Senkung erwartet, weil die Wirtschaft des Landes durch die Anfang November beschlossene Währungsreform in Mitleidenschaft gezogen wird. Damals hatte Premierminister Narendra Modi über Nacht verkündet, das 86% des sich in Umlauf befindenden Bargelds umgetauscht werden müssten, was die Banken logistisch aber kaum bewältigen konnten und in vielen Teilen des Landes zu Bargeldmangel führte.

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Venezuela

Auch in Venezuela gibt es eine Währungsreform. Präsident Nicolas Maduro kündigte an, dass die Zentralbank künftig 500er und 5.000er Scheine drucken werde. Die größte Einheit sind derzeit Scheine im Wert von 100 Bolivares. Diese reichen aber nicht mehr aus, weil die Inflation in Venezuela seit Monaten ungebremst steigt. Derzeit liegt sie bei rund 180%.

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Südkorea

Das südkoreanische Parlament hat mit großer Mehrheit für die Entlassung von Präsidentin Park Geun Hye gestimmt. Park steht seit Wochen wegen eines Korruptionsskandals unter Druck. Binnen 180 Tagen muss nun das koreanische Verfassungsgericht über die Amtsenthebung zu entscheiden. Die Machtbefugnisse der Präsidentin gehen solange auf Ministerpräsident Hwang Kyo Ahn über.