Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Die SPD befindet sich auch dank Martin Schulz´ Äußerungen zur Agenda-Politik weiter im Aufwind, im Griechenland-Streit gibt es Anzeichen für eine Annäherung und Donald Trumps Steuerpläne scheinen sich zu verzögern – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

Der Aufwärtstrend der SPD hält weiter an. Erstmals seit über zehn Jahren konnte die Sozialdemokraten nun auch laut ARD-DeutschlandTREND die Union überholen. Auf großen Zuspruch traf auch Martin Schulz´ Ankündigung, die Agenda 2010-Reformen auf den Prüfstand stellen zu wollen (eine Analyse zu den Äußerungen des SPD-Kanzlerkandidaten finden Sie hier).

Die Deutsche Bundesbank hat 2016 einen Überschuss von 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. Wegen einer erhöhten Risikovorsorge und geänderten Regeln für Pensionsrückstellungen wird die Notenbank aber nur 400 Millionen Euro an den Bundeshaushalt überweisen. Die Bundesregierung hatte allerdings Gelder in Höhe von 2,5 Milliarden Euro eingeplant, wodurch eine Haushaltslücke von 2,1 Milliarden entstanden ist.

Allerdings dürfte dies für den Staatshaushalt verkraftbar sein. Denn im vergangenen Jahr hat der deutsche Staat den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung eingefahren: Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen laut Statistischem Bundesamt 23,7 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgegeben haben (hier finden Sie eine Debattenserie zur Frage, was mit den Überschüssen geschehen sollte).

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab es in Deutschland im 4. Quartal 2016 insgesamt 1,04 Millionen freie Stellen und damit so viele wie noch nie zuvor. 81% davon seien sofort zu besetzen – auch das ist laut IAB ein neuer Höchststand.

Das Statistische Bundesamt hat weitere Details zum deutschen Außenhandel veröffentlicht. Demnach löste China die USA 2016 als wichtigsten Handelspartner ab. Zwischen Deutschland und der Volksrepublik wurden Waren im Wert 170 Milliarden Euro ausgetauscht. Allerdings sind die USA nach wie vor größter Abnehmer deutscher Exporte.

Quelle: Destatis

 

Eurozone und Europa

Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Europäischen Semesters ihre Bewertung der Reformbemühungen der Mitgliedsstaaten vorgelegt. Insgesamt attestierte die Kommission zwölf Ländern wirtschaftliche Ungleichgewichte, wovon sechs als „übermäßig“ bezeichnet wurden. Unter anderem bemängelte die Kommission Deutschlands hohe Leistungsbilanzüberschüsse (mehr dazu hier) und ermahnte Italien, weitere Maßnahmen zum Abbau der Staatsverschuldung zu ergreifen.

Im französischen Präsidentschaftswahlkampf lichtet sich das Feld der Bewerber. Der bürgerliche Politiker François Bayrou erklärte seinen Verzicht auf die Kandidatur und will Emmanuel Macron unterstützen. Bayrous Umfragewerte lagen zuletzt bei etwa 5%. Auch der Grünen-Politiker Yannick Jadot (Umfragewerte 1 bis 2%) hat seine Kandidatur zurückgezogen und unterstützt nun den Sozialisten Benoît Hamon (mehr zu den Wahlen in Frankreich finden Sie hier).

Die EU-Finanzminister haben eine weitere Maßnahme im Kampf gegen die Steuervermeidung von Großkonzernen beschlossen. Die Regelung sieht vor, dass multinationale Unternehmen künftig nicht mehr die Zahlung von Körperschaftssteuern umgehen können sollen, indem sie Unterschiede zwischen den Steuersystemen von EU-Staaten und Ländern außerhalb der EU ausnutzen. Die Regelungen sollen bis Ende 2019 von den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden und zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Im Griechenland-Streit sind sich die verschiedenen Parteien etwas nähergekommen. Laut Angaben der griechischen Regierung werden in der kommenden Woche wieder Vertreter der Troika nach Athen reisen, um die Durchführung von Reformmaßnahmen zu überprüfen. Allerdings ist nach wie vor offen, ob Griechenland dann auch tatsächlich frische Gelder erhält. IWF-Chefin Christine Lagarde deutete zudem an, dass der Währungsfonds offenbar bereit ist, seine Forderung nach einem Schuldenschnitt abzumildern. Lagarde sagte, sie sehe keine Notwendigkeit für einen nominalen Schuldenerlass (den die Eurostaaten verweigern), Griechenland benötige aber Schuldenerleichterungen in Form verlängerter Kreditlaufzeiten. Die Rendite für griechische Staatsanleihen mit 2-jähriger Restlaufzeit sanken in dieser Woche von über 10 auf etwa 8%.

Die italienische Großbank Unicredit hat ihre Kapitalerhöhung fast vollständig abgeschlossen. Die 13 Milliarden Euro schwere Aktienemission ist die größte Kapitalerhöhung der italienischen Geschichte.

Italiens früherer Ministerpräsident Matteo Renzi hat sein Amt als Parteichef der sozialdemokratischen Partito Democratico niedergelegt – kündigte aber gleichzeitig an, noch einmal für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Sollte Renzi dies gelingen, wäre er auch erneut Spitzenkandidat bei den spätestens im Frühjahr 2018 stattfindenden Parlamentswahlen.

Portugal hat sechs Monate früher als ursprünglich geplant eine Tranche in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar an den IWF zurückgezahlt. Der Schritt macht für das Land Sinn, weil die IWF-Kredite mit höheren Zinsen belegt sind, als Portugal an den privaten Kapitalmärkten derzeit zahlen muss. Insgesamt hat Portugal inzwischen die Hälfte der im Jahr 2011 vergebenen IWF-Gelder zurückgezahlt.

Laut Angaben der EU-Kommission hat Österreich zwischen 2008 und 2012 seine Zahlen zur Staatsverschuldung falsch übermittelt. Teilweise wichen die gemeldeten Zahlen um bis zu 1,2 Milliarden Euro von der Realität ab. Die Kommission geht zwar davon aus, dass es keinen Vorsatz gegeben habe, wirft dem Landesrechnungshof sowie der Landesregierung von Salzburg aber „schwerwiegende Nachlässigkeit“ vor. Das nationale Statistikamt Statistik Austria habe zudem mindestens seit Dezember 2012 „von der Möglichkeit der Falschdarstellung“ der Bilanzen aus Salzburg gewusst, die EU aber erst im Oktober 2013 davon in Kenntnis gesetzt. Die Kommission fordert deswegen von Österreich eine Strafzahlung in Höhe von 29,8 Millionen Euro, die noch vom EU-Finanzministerrat bestätigt werden muss.

Klaus Regling bleibt für weitere fünf Jahre Managing Director des Euro-Rettungsfonds ESM. Die Euro-Finanzminister wählten ihn für eine zweite Amtszeit, einen Gegenkandidaten gab es nicht. Regling war bereits seit 2010 Chef des ESM-Vorgängers EFSF.

 

USA

Die mit Spannung erwarteten Pläne Donald Trumps zur Reform der US-Steuergesetze werden wohl später vorgestellt als zunächst angekündigt. Finanzminister Steven Mnuchin sagte, man wolle die Steuerreform noch vor der Sommerpause durchführen – eigentlich hatte Trump die Vorstellung der Pläne für Ende Februar in Aussicht gestellt.

Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge denkt die US-Regierung darüber nach, die Außenhandelsstatistik zu verändern. So sollen Einfuhren zwar weiter als Importe notiert werden, Re-Exporte aber aus der Statistik verschwinden: Das würde beispielsweise bedeuten, dass eine aus Mexiko eingeführte Ware weiterhin als Import verbucht wird, aber der Export derselben Ware nach Kanada nicht mehr registriert wird. Dadurch würde das Leistungsbilanzdefizit der USA größer werden als es nach der bisherigen Methode ist. Die Regierung wollte den Bericht nicht kommentieren, gab aber auch kein Dementi ab.

 

Mexiko

Agustín Carstens, Chef der mexikanischen Notenbank, wird länger im Amt bleiben und erst zum 1. Dezember an die Spitze der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) wechseln. Eigentlich sollte Carstens bereits zum 1. Oktober den bisherigen BIZ-Chef Jaime Caruana ablösen. Carstens längerer Verbleib bei der Banco de México steht im Zusammenhang mit der Wahl Donald Trumps, die die mexikanischen Finanzmärkte und insbesondere den Peso in schwere Turbulenzen gestürzt hatte.

 

In Memoriam

Der Nobelpreisträger Kenneth Arrow ist im Alter von 95 Jahren verstorben. Sein wohl bekanntestes Werk hatte Arrow 1951 veröffentlicht: In Social Choice and Individual Values beschrieb er das „Unmöglichkeitstheorem“, das beweist, dass kein Wahlsystem mit mehr als zwei Kandidaten ein Ergebnis liefern kann, das die Wählerpräferenzen zufriedenstellend widerspiegelt. 1972 erhielt Arrow gemeinsam mit John Richard Hicks den Nobelpreis für seine Analysen zur Möglichkeit wirtschaftlicher Gleichgewichtszustände sowie für seine Einführung und erfolgreiche Anwendung komplexer mathematischer Methoden in der Wirtschaftswissenschaft.

Hans Barbier, der frühere Leiter des Wirtschaftsressorts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ehemaliger Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, ist tot. Wie die FAZ zu Wochenbeginn mitteilte, war Barbier bereits in der Vorwoche nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 79 Jahren verstorben. FAZ-Herausgeber Holger Steltzner würdigte Barbier in einem Nachruf als „ordnungspolitischen Prüfstein der Wirtschaftsredaktion“, durch dessen Schule „Generationen von Jungredakteuren“ gegangen seien.