Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Die IWF-Jahrestagung sorgt für Schlagzeilen, in Sachen Brexit herrscht etwas mehr Klarheit und Banken schreiben ihre Testamente – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Brexit

Die britische Premierministerin Theresa May hat angekündigt, bis Ende März 2017 bei der EU ein formelles Austrittsgesuch einzureichen. Laut EU-Recht dürfen die Verhandlungen maximal zwei Jahre dauern. May signalisierte auch, dass sie nicht bereit sei, etwa bei der Einwanderungsfrage Abstriche zu machen, um den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu behalten. Finanzminister Philip Hammond kündigte an, aufgrund der zu erwartenden Unsicherheit den Haushalt weniger stark zu konsolidieren und stellte Mehrausgaben etwa in die Infrastruktur in Aussicht.

An den Devisenmärkten sorgten die Ankündigungen für heftige Kursbewegungen. Seit dem Brexit-Referendum vom 23. Juni hat das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar über 15% an Wert eingebüßt. Der britische Leitindex FTSE 100 konnte dagegen in den letzten Monaten um mehr als 10% zulegen. Auch der FTSE 250-Index, in dem vor allem Firmen mit einem Fokus auf den britischen Binnenmarkt gelistet sind, liegt über dem Stand vor dem Referendum.

Veränderungen seit dem 23. Juni in %. Quelle: finanzen.net, eigene Berechnungen. Stand: 7.10.16, 20.00 Uhr.

 

Jahrestagung von IWF und Weltbank

Die noch bis Sonntag laufende Jahrestagung von IWF und Weltbank hat bereits jede Menge Schlagzeilen produziert. Hier die Themen, die am prominentesten behandelt worden sind:

  • Der IWF weist in seinem jüngsten Global Fiscal Monitor darauf hin, dass die Höhe der weltweit von Unternehmen, Privathaushalten und Regierungen aufgehäuften Schulden einen neuen Rekordstand erreicht habe. Dies berge laut IWF die Gefahr, dass ein „beispielloser“ Prozess des Schuldenabbaus einsetzen könnte.

  • Der IWF hat seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft im Vergleich zur letzten Prognose aus dem Juli unverändert gelassen. Die globale Wirtschaftsleistung wird demnach in diesem Jahr um 3,1% und 2017 um 3,4% zulegen.
  • Im Streit zwischen der Eurogruppe und dem IWF über die Tragfähigkeit der griechischen Staatsschulden scheinen die Fronten weiterhin verhärtet zu sein. IWF-Chefin Christine Lagarde bekräftige erneut, dass sie die Schuldenlast für nicht tragfähig hält. Dementsprechend sei noch nicht klar, ob sich der IWF am dritten Hilfspaket für Griechenland beteiligen werde. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnte weitere Schuldenerleichterungen dagegen ab. „Das Problem von Griechenland sind nicht die Schulden, das Problem ist, Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen“, so Schäuble. Wer sich die gesamte knapp einstündige Debatte anschauen möchte, an der neben Schäuble und Lagarde auch Yi Gang von der chinesischen Zentralbank und Bank of England-Gouverneur Mark Carney teilnahmen, kann das hier tun:
  • Zwischen Lagarde und Schäuble gab es auch Meinungsverschiedenheiten darüber, ob Deutschland eine expansivere Fiskalpolitik betreiben solle. Die IWF-Chefin meint, dass Deutschland (wie etwa auch Kanada und Südkorea) noch mehr tun könnte, um dem gemeinsamen Wachstumsziel näher zu kommen. Schäuble verwies dagegen auf bereits geplante Steuererleichterungen (siehe unten).
  • Außerdem äußerte sich der Währungsfonds ungewöhnlich deutlich zu der Lage eines einzelnen Unternehmens: der Deutschen Bank. Die Bank gehöre zu den Instituten, die Veränderungen vornehmen müssten, um Investoren zu überzeugen, so der IWF-Geld- und Kapitalmarktexperte Peter Dattels. Zum Zustand der Bank gab es in dieser Woche jede Menge Gerüchte, die sich größtenteils stabilisierend auf den Aktienkurs auswirkten. So sollen sich die Vorstände verschiedener DAX-Konzerne bereit erklärt haben, Deutsche Bank-Aktien zu kaufen, um den Aktienkurs zu stützen oder Rückenwind für eine Kapitalerhöhung zu schaffen. Auch Katars Staatsfonds soll angeblich bereit sein, seine Anteile an der Bank weiter aufzustocken. Klarheit über den weiteren Verlauf wird es wohl erst geben, wenn sich die Bank mit den US-Behörden über die Höhe der Strafzahlung geeinigt hat.

 

Deutschland

Union und SPD haben sich im Koalitionsausschuss auf ein Gesetz verständigt, dass die Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern verbessern soll. Arbeitnehmer in Unternehmen ab 200 Beschäftigten sollen künftig einen Anspruch auf Informationen haben, aus denen hervorgeht, ob sie gerecht bezahlt werden. Bei tarifgebundenen Firmen müssen sich Beschäftigte an den Betriebsrat wenden, um diesen Anspruch geltend zu machen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sollen neue Prüfverfahren zur Herstellung der Entgeltgleichheit umsetzen.

Die Große Koalition hat sich zudem verschiedenen Medienberichten zufolge auf eine kleine Steuerreform geeinigt. Vorgesehen sind Entlastungen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2018. Unter anderem soll der Kinderzuschlag für Geringverdiener um 10 Euro pro Monat erhöht werden, der Steuergrundfreibetrag für Alleinstehende soll von derzeit 8.652 Euro bis zum Jahr 2018 auf 9.000 Euro steigen. Der entsprechende Betrag für Kinder soll von 4.608 auf 4.788 Euro ansteigen. Geplant ist zudem eine Erhöhung des Kindergeldes um zwei Euro pro Monat.

 

Eurozone und Europa

Die EU-Kommission hat eine Zwischenbilanz ihrer Maßnahmen zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit gezogen. Laut der zuständigen Kommissarin Marianne Thyssen hätte die sogenannte „Jugendgarantie“ für „9 Millionen junge Menschen etwas zum Positiven“ verändert. Die „Jugendgarantie“ ist eine 2013 von den EU-Mitgliedsstaaten getätigte Zusage, dafür zu sorgen, dass junge Menschen innerhalb von vier Monaten nach Jobverlust oder Schulabschluss einen neuen Arbeitsplatz, eine Weiterbildung oder einen Ausbildungs- bzw. Praktikumsplatz angeboten bekommen. Die Garantie wird von einer Beschäftigungsinitiative begleitet, die entsprechende Maßnahmen in Regionen mit einer Jugendarbeitslosigkeitsquote von über 25% fördert. Derzeit liegt die Jugendarbeitslosigkeitsquote in der EU bei 18,6% und in der Eurozone bei 20,7%.

Quelle: Eurostat

Der Chef der spanischen Sozialisten, Pedro Sánchez, ist nach einem heftigen innerparteilichen Machtkampf zurückgetreten. Sánchez hatte sich wiederholt gegen eine große Koalition mit der konservativen Partido Popular (PP) des geschäftsführenden Ministerpräsident Mariano Rajoy bzw. die Duldung einer Mitte-Rechts-Minderheitenregierung ausgesprochen. Nach Sánchez` Rücktritt ist es etwas wahrscheinlicher geworden, dass es nun eine Regierungsbildung ohne weitere Neuwahlen geben könnte.

 

USA

Acht US-Großbanken haben ihre Pläne zur Abwicklung im Krisenfall vorgelegt. Die US-Einlagensicherung FDIC und die Federal Reserve werden die sogenannten „Banken-Testamente“ in den kommenden Wochen überprüfen und ermitteln, ob die Banken ohne Staatshilfe durch eine Krise kommen können. Sollte dies nicht der Fall sein, können die Aufseher von den Geldhäusern Nachbesserungen und im Extremfall sogar Aufspaltungen verlangen. Wann FDIC und Fed ihre Bewertungen abschließen werden, steht noch nicht fest.

Die US-Arbeitslosenquote ist im September leicht gestiegen. Sie liegt jetzt bei 5,0% (August: 4,9%). Insgesamt wurden 156.000 neue Stellen geschaffen.

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Quelle: FRED

Indien

Die indische Zentralbank hat ihren Leitzins auf das Sechs-Jahres-Tief von 6,25% gesenkt. Die Zentralbank unter ihrem neuen Chef Urjit Patel begründete den Schritt mit einem Rückgang der Inflation. Die Entscheidung wird oftmals als Abkehr vom bisherigen Kurs der Zentralbank interpretiert: Patel hatte sein Amt erst im September von Raghuram Rajan übernommen, der sehr stark auf Inflationskontrolle bedacht und deshalb auch immer wieder in Konflikt mit Vertretern der Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi geraten war.

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Weltwirtschaft

Der Pariser Klimavertrag kann in Kraft treten. Wie die Vereinten Nationen mitteilten, hätten nun 72 Länder den Vertrag ratifiziert, die für fast 57% des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich sind. Nachdem in dieser Woche sowohl die Europäische Union als auch Indien den Vertrag offiziell angenommen hatten, sind jetzt die notwendigen Kriterien erfüllt (es mussten 55 Staaten, die für mindestens 55% der weltweiten Treibhausgase verantwortlich sind, zustimmen).